Vertigo Psychedelic Special
Magna Carta "Seasons"
Fairfield Parlour "From Home To Home"
Ramases "Space Hymns"
Daddy Longlegs "Oakdown Farm"
The John Dummer Band "Blue"
Jade Warrior "Jade Warrior" (Vertigo/Repertoire Records 2004)

Das britische Progressive Rock Label Vertigo war seit dem Ende der 1960er Jahre ein Markenzeichen progressiver Musik. Viele Bands, und längst nicht nur britische, veröffentlichte das Label: Gentle Giant, Patto, Beggar's Opera und viele andere. Die stilistische Bandbreite war riesig: sämtliche Spielarten des Progressive Rock, Folk, Psychedelic Rock, Hardrock, Jazzrock. Ende des vergangenen Jahres hat Repertoire Records eine Serie alter Vertigo Releases im LP Sleeve Design mit Innenposter restauriert und remastert wieder veröffentlicht. Darunter einige Psychedelic Alben, die hier zusammengefasst erwähnt sein sollen.

Die zweite LP von Magna Carta, "Seasons" lag 1970 in den Plattenläden. Chris Simpson (g, voc), Glen Stuart (voc) und Lyell Tranter (g, voc) waren ein Folktrio, das sich einige Gastmusiker ins Studio geholt hatte, darunter Tony Visconti (b, rec) und der damals noch unbekannte Rick Wakeman (org, p). Die erste LP-Seite war für das 22-minütige "Seasons" reserviert. Das Werk ist sehr harmonisch und lyrisch, größtenteils von akustischen Gitarren bestimmt. Selbst wenn die Rockband einspringt, bleiben die Songs lieblich und freundlich. Die sanfte Stimmung bleibt auch in den 6 Songs der B-Seite erhalten, zudem macht ein kleines Streichensemble die Songs süß und klebrig. Die Songs haben hippieeskes Flair, die Orgel spielt psychedelisch sphärische Töne, nur hin und wieder holt die Band aus und rockt ein wenig. Das ist jedoch so wenig, dass die CD nur für Folk Fans interessant ist.

Das gilt wohl auch für das 1970 veröffentlichte "From Home To Home" von Fairfield Parlour. Das einzige veröffentlichte Album (die Tapes für ein Livealbum gingen verloren) der Band wurde um 8 Bonustracks ergänzt; Singletracks aus der gleichen Zeit beziehungsweise von 1976, so dass 20 zumeist kurze bis sehr kurze Songs auf der CD zu hören sind. Danny Bridgman (voc, dr), Steve Clark (b, fl), Peter Daltrey (voc, key) und Eddy Pumer (voc, g, key) hatten unter dem Namen Kaleidoscope bereits zwei Alben in den 60ern veröffentlicht. Ihr liedhafter, angenehmer Folkpop wurde von schweren Mellotron-Sounds unterstützt und war die Art Musik, die zukünftigen Schwiegersöhnen die zukünftige Schwiegermutter wohl stimmte. Später spielte die Band Songs für ein Doppelalbum ein, das "White Face Lady" heißen sollte, aber von Vertigo nie realisiert wurde. Erst in den frühen 90ern legte Triad Records die Songs auf CD auf. So schön das Design von "From Home To Home" auch ist, interessant ist die Musik nur für Folkfans oder Fans englischen Schlagers.

1971 brachte Vertigo "Space Hymns" von Ramases unters Volk. Die Songs waren von Lol Crème (g, synth), Kevin Godley (dr, fl), Graham Gouldman (g, b) und Eric Stewart (g, synth) arrangiert, eingespielt und produziert worden. Zwei Jahre darauf gründeten die Jungs ihre eigene Band 10cc und wurden zu Weltstars. Ramases und seine Frau Sel hatten Songs und Lyrics geschrieben und sangen die Stücke. Ramases, der früher Zentralheizungsverkäufer in Sheffield gewesen war (und eine Glatze trug), hielt sich für die Reinkarnation eines ägyptischen Gottes. So "schräg" klang die Musik auch. Reichlich Drogengenuss war wohl im Spiel gewesen, das zeigen nicht nur Cover und großes Innenposter, die von Roger Dean gemalt worden waren, sondern vor allem die Musik. Die Psychedelic Folk Songs, 11 an der Zahl und auf der CD um 4 Bonustracks im gleichen Geiste ergänzt, sind ziemlich seltsam und gewöhnungsbedürftig, dabei aber entspannt und lyrisch. Vor allem der Gesang - und die Lyrics - sind einigermaßen anstrengend. Hardcore Psychedelic Freaks können sich freuen, dass die Musik so fein aufbereitet worden ist.

Daddy Longlegs spielten auf ihrem 1971er Album "Oakdown Farm" Countryrock. Sie waren Amerikaner, die sich 1969 in England niedergelassen hatten. Die Songs hatten einen europäischen Anstrich; psychedelische Gitarren trafen auf Country-Kompositionen, ausgeflippte Songs mischten sich mit herkömmlichem Mainstream-Material. Die 12 Songs sind gut gelaunt, forsch und flüssig, gehen gut ein und machen Stimmung, sind dabei aber nicht beliebig. Interessant sind vor allem die kurzen Instrumentalparts, in denen es schon mal gut abgehen kann. Nettes Rockalbum mit hohem Energielevel und ordentlich Drive.

The John Dummer Blues Band wechselte 1972 zu Vertigo. "Blue" ist die 5. LP der Band. Beinahe wäre es nicht zu der LP gekommen, die Band hatte sich schon aufgelöst, aber ein Instrumental, "Nine By Nine", mit elektrischer Violine war zum Hit geworden und so sagten sich die Jungs: warum nicht so weitermachen! Das Cover ist witzig gemacht, die identisch aufgemachte CD rein äußerlich sehr ansprechend. Die 7 LP-Songs plus 2 Bonustracks sind psychedelisch verätzter und von Hardrock durchfluteter Bluesrock. Nick Pickett (voc, vi, g, org), Adrian Pietryga (g), Iain Thomson (b) und John Dummer (dr) komponierten zwar keine besonders ausgeflippten Songs, spielten aber interessante Gitarren- und Geigensoli. Das böse "Medicine Weasel" mit seinem schrägen Geigenspiel und das hübsche "Time Will Tell" mit tollem Gesang wurden zum Hits und die Psychedelic Ballade "Me And The Lady" entführte die Fans in über 9 Minuten langen Minimalexkursionen in die gewünschte Traumwelt. Der zweite Bonustrack "The End Game" ist ein weiteres fabelhaftes Stück mit toller Instrumentierung. Nicht nur Bluesfans sollten sich für die CD interessieren, auch die Psychedelic Abteilung wird ihren Spaß mit "Blue" haben.

"Jade Warrior" war 1971 das erste Album der gleichnamigen Band, dem mit einigen Umbesetzungen bis 1976 fünf weitere folgen sollten. Tony Duhig (g, key, b), Jon Field (perc, g, key, fl) und Glyn Havard (b, g, voc) kamen aus dem Underground Hardrock, die späteren Alben waren Progressive Rock. Doch das Debüt war schräger, typisch britischer Psychedelic Rock. Die interessanten Songs haben allerlei Perkussion, aber kein Schlagzeug. Flöten, akustische und elektrische Gitarren flippen hier mal aus und halten sich dort im Hintergrund. Vor allem der heftig gespielte Bass von Glyn Havard steht markant im Raum. Sein ziemlich aus der Rolle fallender Gesang ist ein weiterer markanter Punkt. Psychedelic Fans wird es freuen, die CD ist voll von schrägem Material und "spinnerten" Sounds. Die zumeist balladesken Songs können hier und dort gut ausbrechen, sind aber nie zu wild, sondern lyrisch und entspannt. 1973 stieg Glyn Havard aus, Tony Duhig und Jon Field machten mit neuen Leuten weiter und wurden zur Progband, bis 1976 das Aus kam. "Jade Warrior" kann Psychedelic Rock Fans (Old School) empfehlen werden.
Das Design dieser Serie ist in allen Fällen sehr gut, die Musik restauriert und remastert. Besser kann man diese historischen Alben wohl nicht aufbereiten.

milestone-mailorder.com
VM




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