Vertical Alignment "Signposts" (Eigenproduktion 2007)

Hier will jemand mit historischem Cover punkten. Im Vordergrund blühen schicke Blümchens, dahinter erstreckt sich nach dem breiten Wasserlauf das Wolkenkratzerviertel von New York, dessen Anblick seit dem 11. September 2001 wohl selbst jeden weit vom Schuss wohnenden Vorpommer erreicht hat. Und tatsächlich, dicker Rauch steigt dort auf, wo eben noch die beiden Tower ragten. Bei Microsoft hat die Truppe sich auch bedient, der erste Track, ein laues Symphonic Lüftchen, endet mit dem typischen Gewitterschlag, den sich ein Jeder auf seinem heimischen, von Microsoft bestückten Rechner anhören kann.
Nach dem eher faden Auftakt legt die Band ein paar Kohlen mehr auf und zaubert einen von good ol' Genesis inspirierten Symphonic Rock, der voll Donner und Jubel ist, Harmonien zaubert und Berge bombastischer Melodien verrät. Wer sind Vertical Alignment? Im Prinzip nur ein Typ namens Pete Jorgensen, der diverse weitere Musiker geladen hat, mit ihm seinen schweren Progressive Rock einzuspielen.
Im Booklet kann man die Texte finden und schnell feststellen, dass die Lyrics nicht nur romantischer Kitsch sind oder durch die typischen Untiefen der Fantasy streichen. Es gibt in dem Konzeptwerk kritische ("Dress Rehearsal") neben eher nostalgischen ("Ballad of the Titanic") Lyrics.
Darüber hat der begabte Musiker ausgedehnte Arrangements geschrieben; 3 Songs sind, teils weit, über 10 Minuten lang, andere liegen nicht weit darunter. Pete Jorgensen spielt Keyboards, Gitarre, Bass und singt und wird in den weiteren vakanten Positionen und instrumentalen Doppelbelegungen von etlichen Gästen begleitet, darunter Fred Schendel, Steve Babb, Eric Parker und David Walliman von Glass Hammer. Genannte Band ist ein guter Vergleich, wenn Vertical Alignment die von einer relativ großen Fanschar anerkannte Qualität der Gastband auch nicht erreicht. Lange Songs sind die Crux im Progressive Rock. Angefangen hat das alles einst mit der Fülle an progressiven Ideen und ineinander aufgehenden Motiven, komplexem Material und improvisativer Spiellust, was plötzlich den Beat sprengte und zu neuer grandioser Musik fand - und leider zumeist wieder verpufft ist. Und was ein grandioses Konzept war (und zum Beispiel mich seit meiner frühen Jugend magisch in seinen Bann zieht), geht bei einigen Projekten (wie diesem) gründlich nach hinten los.
Nicht, dass Vertical Alignment wirklich provinziell klingen, die Songs machen schon was her, und die zu bewältigenden Lyrics sind, soweit ich das nachvollzogen habe, nicht blöd. Aber die Songs sind einfach übel lang, viel zu lang, da hätten Straffung und Forcierung mehr Pepp in die lahme Mühle gebracht. Besonders komplex ist das ganze Unterfangen in instrumentaler Hinsicht auch nicht, zwar gibt es Tonnen an Ideen - netten Ideen - die Einspielung hat dennoch und vielleicht gerade deswegen Längen. Warum muss die Gitarre so unterbelichtet umherdüsen, statt die Songs mit Gewalt und Schliff aufzubrechen? Warum gibt es hier wie überall die gleichen Keyboardarrangements und -sounds zu hören? Warum kann der Mann am Trommelwesen nicht mal über den allgemein üblichen, klar, ganz nett komplex gespielten Rhythmus dreschen, dass die Sinne erwachen? Nein, es gibt Butter für die Ohren. Als ob die solch Zeug nicht selbst fabrizierten!
Also, um es kurz zu machen: "Signpost" ist ein nettes, gehoben anspruchsvolles Konzeptwerk, dass dem Urheber viel Arbeit und Schweiß gekostet hat und der es verdient, dafür gelobt zu werden. Klar, hat er gut gemacht. Aber nicht gut genug. Es gibt einfach bessere Symphonic Rock Alben. Und einmal ein gutes Album gehört, braucht der süchtige Fan wohl nichts mehr, was sich qualitativ darunter abspielt. Allein schon, um nicht mitten im Hören einzuschlafen und dabei die sexuelle Orgie zu verpassen, die das mitbewohnende menschliche Erwachsenenwesen mit diesem feurigen, wilden Lächeln um die Lippen angekündigt hat, auf das die Vorfreude sofort ins Blut schießt…

verticalalignment.com
justforkicks.de
VM



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