Peter Hammill "Fools Mate"
Van Der Graaf Generator "Godbluff" "Still Life" (Virgin Charisma 2005)

Der zweite Teil der Remaster Serie der Van Der Graaf Generator Alben beginnt mit - dem Solodebüt Peter Hammills "Fools Mate" aus dem Jahr 1971. Warum das?! Nun, die Songs sind nicht nach dem ersten Split der ausgebrannten Band (nach einer erfolgreichen, aber anstrengenden Italien Tour) entstanden, sondern bereits in den Jahren des Bandbestehens. Und neben weiteren Musikern aus dem Umkreis der Band, wie etwa Robert Fripp und Nic Potter, sind in fast allen Songs Hammills Van Der Graaf Mitstreiter Guy Evans (dr), Hugh Banton (p, org) und David Jackson (saxes, fl) an der Einspielung der Songs beteiligt gewesen.
Der größte Unterschied ist denn auch nicht unbedingt musikstilistischer Art. Die Songs klingen wie Van Der Graaf Generator. Das liegt vor allem natürlich an Peter Hammills unverwechselbarer Stimme, aber auch die instrumentale Seite der Songs ist typisch VDGG. Doch in Hammills ersten solistischen Liedern geht es weniger um musikalische Extravaganzen und instrumentale ausgeflippte Brachialorgien. Peter Hammill legt Wert auf Liedhaftigkeit, so sind die 12 Songs und 5 Bonustracks sehr kurz, auf die Poesie der Texte orientiert, die Hamill hier viel "literarischer" zum Ausdruck bringen wollte und brachte, als er es bei Van Der Graaf schon tat. Und hört euch nur die Songs an, lest die Lyrics im Booklet mit, das sind nicht nur Begleittexte, um nackte Musik zu bedecken, sondern wahrhaft poetische, gefühlsintensive, lebendige Worte.
Die Musik leidet unter der Dominanz der Lyrics kein Stück. Die Songs sind allesamt weniger aggressiv als bei Van Der Graaf, dafür gibt es plötzlich humoristische Notizen und akustisches Material, das längst nicht nur die Reduktion der Untermalung für Hammills Geschichten ist, sondern von hinreißender Musikalität. Die Bonusstücke sind live im Januar 1971 aufgezeichnet worden. Demos der LP Tracks, klanglich gut und als Varianten der Hammill Songs zu verstehen: Bonusmaterial.
Zwar war der Name Van Der Graaf Generator seit Beginn der 1970er Jahre für längere Zeit inaktiv und tabu, so trafen sich doch die befreundeten Musiker nach wie vor und immer wieder oder spielten gar zusammen. Allein auf den diversen Peter Hammill Alben sind VDGG Mitstreiter immer wieder zu hören. Und was 1972 ausgebrannt und entnervt aufgegeben wurde, aktivierte sich 1975 mit neuem Mut und einiger Frische. "Es war ganz natürlich, dass wir wieder als Quartett starten würden", meinte Hugh Banton. Die Band spielte von Januar bis April intensiv miteinander, denn die erneute Zusammenarbeit unter dem Bandnamen Van Der Graaf Generator sollte kein "Son of Pawn Hearts" werden, so Peter Hammill. Und dennoch ist die alte in der jungen Band wieder zu erkennen.
"Godbluff" war das erste Release der vor allem in Italien gefeierten Band, wo die fabelhafte LP auch in den Charts auftauchte. Gerade einmal 4 Songs sind drauf, sämtlichst sehr lang, in denen alle Instrumentalisten ihr virtuoses Markenzeichen hinterließen. Peter Hammill spielte jetzt auch elektrische Gitarre, was er sich in der ersten Phase der Band aus spieltechnischen Gründen nicht zugetraut hatte. Jedoch waren Hugh Bantons Orgel und David Jacksons Saxophone nach wie vor die bestimmenden Melodieinstrumente.
Ausdrucksstärkstes Mittel der neuen (wie der alten) VDGG Songs war wieder Peter Hammills Stimme, die streicheln und schlagen konnte, intensive Lyrik und harte Aggressivität prägte und emotionale Höhepunkte kreierte.
Das Reissue wartet mit zwei Bonussongs und einem Fehler auf. Die Songlängen aller 6 Tracks sind vollkommen falsch angegeben worden, da passt absolut nichts. Beide Bonussongs sind Hammill Soloklassiker, die VDGG damals live spielten, als neues Bandmaterial wenig oder nicht vorhanden war. Die Bonustracks fallen soundmäßig stark ab, dafür sind sie musikalisch von großer Faszination. Live in Italien mitgeschnitten (wo die meisten VDGG Bootlegs entstanden), wird hier die Energie der Interpretation als auch das emotionale Wechselspiel zwischen Band und Publikum gut präsentiert. Bereits im Juni 1975 begannen VDGG mit der Einspielung neuen Materials. Bis Januar darauf war die Band im Studio, im April 1976 wurde "Still Life" veröffentlicht, ein weiterer Meilenstein der Band. Allein die Harmonien im Opener "Pilgrims" sind grandios! Und Hammills Lyrics und Gesang im Titeltrack!
VDDG präsentierten sich intimer, lyrischer und leiser, ohne jedoch schwere Ausbrüche und vitale Aggressionen zu unterbinden. "My Room (Waiting For Wonderland)" hat etwas kinderliedhaftes, bezaubernd und naiv startet der Song, und wieder entführt Peter Hammill mit seinen poetischen Texten, das ich nicht weiß, was mich mehr fasziniert, die Texte oder die Musik. Wohl keine zweite Band baute aus instrumentaler Musik, Gesang und sinnreichen und oftmals sehr düsteren Texten eine so spannende Einheit aus. Auch dieser geniale Luxustraum von Rockalbum hat einen Bonussong abbekommen. Das 10-minütige "Gog" hat einen besseren Sound als die in Italien mitgeschnittenen "Godbluff" Zugaben, bleibt aber in besserer Bootleg Qualität. Und schon wie die beiden "Godbluff" Bonusse sind die musikalisch-spielerische Leistung und der Gesang außerordentlich grandios!
ENDLICH sind diese Klassiker des Progressive Rock, diese Meisterwerke progressiver Rockmusik in ansprechender Qualität erhältlich. Lange hat es gedauert. Die Produktionen sind dafür in Vollkommenheit anschaulich.
Das digitale Remastering ist unter Leitung von Peter Hammill ausgezeichnet gelungen. Die Booklets sind anschaulich und informativ gestaltet. Gut, dass die Lyrics neben Bandstory (jeweils bandgeschichtlich und auf das jeweilige Album bezogen), etlichen Fotos und diversen Informationen abgedruckt wurden.
Daran gibt es kein Vorbei!

vandergraafgenerator.co.uk
VM



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