Van Der Graaf Generator

"The Least We Can Do Is Wave To Each Other"
"H To He, Who Am The Only One"
"Pawn Hearts"

(Charisma 1969/1970/1971, Virgin 2005)

ENDLICH! Zu Beginn der 1990er hatten Van Der Graaf Generator, wie alle anderen klassischen Progressive Rock Bands, ihre CDs als einfache Billigversion auf den Markt gebracht. Diese CDs gibt es längst nicht mehr, und wer diese ganz frische Remaster Edition in den Händen hält, will von den alten Releases auch nichts mehr wissen.
Peter Hammill hat die originalen Masterbänder in Absprache mit Hugh Banton, Guy Evans und David Jackson digital remastert, nachdem Mark Powell das Projekt aufgebaut und die Tapes ermittelt hatte. Die Arbeit an dem Projekt der drei ersten jetzt im Juni 2005 vorliegenden CDs der Remaster Serie ist ganz ausgezeichnet gewesen. Die Booklets sind sehr informativ auf die einzelnen Platten zurechtgeschnitten, Fotos, Lyrics, die unterschiedlichen Covermotive, Aufmachung - das alles ist sehr ansprechend und den Kauf unbedingt wert. Doch wenn die CDs rotieren und ihren Klang preisgeben, bleiben keine Wünsche mehr offen. Das ist grandios! So gut war die Band noch nie zu hören gewesen. Das Debüt ist nicht Teil der Remaster Edition, Fontana hatte die 1. Platte 1968 veröffentlicht, das gelungene Reissue ist bereits seit einigen Jahren erhältlich.
1969 waren Van Der Graaf Generator zum jungen Progressive Label Charisma gewechselt, wo sie bis 1978 ihre sämtlichen LPs realisierten. Neben Peter Hammill (acc-g, lead voc), Hugh Banton (org, p, back voc), Guy Evans (dr, perc) und David Jackson (sax, back voc), der steten Besetzung die aktiven Jahre hindurch, gehörte Nic Potter (b, g) für dieses Album zur Band (1977 und 1978 war er wieder Teil der Band). Die 6 Songs sind stark von Peter Hammills Lyrics geprägt. Überhaupt waren Van Der Graaf Generator keine der "typischen" Progressive Rock Bands. Sie setzten nicht auf Keyboardbombast, sondern entwarfen hoch komplexe, sensible, differenzierte Songs, die teilweise liedhaft waren, klassische Grundlagen verrieten und ein intensives Gespür für wilden, dynamisch-brachialen Groove präsentierten. "Refugees" ist wohl der schönste Song der Platte, wie ein Lusttraum mit seinem lyrischen Motiv. Zusätzlich zu den 6 originalen Songs der LP sind zwei Bonustracks auf der CD. Die A- und B-Seite der 1970er Single (man bedenke, solche Bands veröffentlichten damals Singles!) mit einem Non-LP-Track und der Single Version von "Refugees". Beide Songs im gleichen sehr guten Sound der LP-Songs.
1970 erschien "H To He, Who Am The Only One". Nic Potter, als Gast gelistet, spielte in drei Songs den Bass, King Crimsons Chef Robert Fripp übernahm die elektrische Gitarre in "Emperor". Wichtigster Song der Platte ist das über 12-minütige "Pioneers Over C", das Heavy Metal vorwegnahm, Free Jazz probierte, lyrischen Folk spielte und abstrakten Prog musizierte. Ein Meilenstein der progressiven Rockmusik!
"The Emperor In His War Room", "Killer", "Lost", "House With No Door" - alle diese grandiosen Songs sind begnadet. Als Bonus sind zwei unveröffentlichte Stücke dazu gekommen, die im fabelhaften Sound die dramatische Energie der Band einmal mehr verdeutlichen: "Squid 1/Squid 2/Octopus" als über 15-minütiger Bonus und die erste Version von "Emperor". Auch hier war Peter Hammill der Hauptschreiber der Band.
Im Oktober 1971 präsentierten Van Der Graaf Generator ihr Meisterwerk und vorläufig letztes Album "Pawn Hearts". Gerade einmal 3 Songs waren auf der LP zu hören. Absolute Killertracks, wild, genial; und in der Stille wie im grandiosen Heavy Prog von unvergleichlicher, aussagekräftiger Schönheit. Neben Banton, Evans, Hammill und Jackson war Robert Fripp (g) an der Einspielung der 3 langen Werke beteiligt gewesen. Diese komplexen, wilden, unberechenbaren Paradebeispiele für ausgeflippte, radikale und kompromisslose Rockmusik gehören zum Besten, was in den ganzen 1970er im Progressive Rock überhaupt geschaffen wurde.
Van Der Graaf Generator waren nie die leichte Band. Es gab Fans, die auf die symphonische Prog Fraktion abfuhren und die intellektuelle Vielfältigkeit und stilistisch nicht fassbare VDGG Musik mit ihren wunderbaren Besonderheiten und fulminanten Klanggewalten nicht verstehen konnten. Doch wer einmal den Anfang geschafft hatte, der kam über Genesis und YES zu Gentle Giant und Van Der Graaf Generator - und blieb dort, auch die Jahre über, in denen die Band nicht existierte, und später als begeisterter Fan der Solowerke von Peter Hammill, in denen immer wieder seine Kollegen von VDDG anzutreffen waren.
Neben dem wilden "Lemmings", dem harten "Man Erg" und der Orgie "A Plague Of Lighthouse Keepers" gibt es 5 kürzere, bislang unveröffentlichte Bonustracks, die zwischen Juli und August 1971 eingespielt worden sind, liedhafter, improvisatorischer und melodischer sind, und dennoch mit dem typischen Sound. Von besonderem Interesse ist der letzte Track "Diminutions", der Electronic vorwegnimmt und wie ein psychedelischer Raum dahin zieht.
1972 war der Ofen aus. Die Energie war raus. Die Band löste sich auf. Ein Jahr später erschien mit "69-71" eine Art Best Of. Da war noch nicht zu erkennen, dass zwei Jahre später bereits die runderneuerte Van Der Graaf Generator ein neues Album veröffentlichen sollte.
Die Alben von Van Der Graaf Generator fanden Anklang nicht nur in der Progressive Szene. Die aussagekräftigen Lyrics, die unvergleichliche Musik, der gewisse Abstand zum typischen Progressive Rock, ihre hochqualitativen Songs brachten ihnen Fans aus verschiedenen Lagern, wie aus dem Jazz, No Wave, Alternative, gar Punk, ein. Bis heute hat die Musik dieser Band nichts von ihrer Magie, Frische, Faszination und Lebendigkeit eingebüßt. Lange mussten die Freaks warten. Das Gros der großen und kleinen Bands hat ihre Werke längst auf CD wieder veröffentlicht, und endlich sind Van Der Graaf Generator dabei.
Diese CDs gehören in jede gut sortierte Rocksammlung, und in jede Prog Sammlung sowieso und unbedingt. Unverzichtbar. Kaufzwang!

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VM



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