U.N.I. „Dreamland“ ( Presence Records 2014)


Was wäre, wenn King Crimson sich auf der Kirmes zu einer Session mit den Flower Kings verabredeten und diese noch diverse Musiker von Iona, die vokal-variable Joane Hogg und den veritabel-violinierenden Frank van Essen, mitbrächten. Vor Ort träfen sie dann Mike Patton, der bei diesem Jahrmarkt der Heiterkeiten zumindest mit-mischen darf. Dabei heraus käme vermutlich ein gespenstisches Klanggespinst aus Progressive Rock, Salonmusik, Folk, belcantösen Schlenkern und zappaeskem Allerlei, mit elektronischen Anteilen runderneuert, genau wie U.N.I. es sich auf die mitunter munter und zugleich wehmütig wehenden Notenfahnen geschrieben hat. Die meist in eher gemächlichen Tempi majestätisch mäandernden Kompositionen versprühen einen einzigartigen Charme aus pointen-winkendem Schmäh und augen-zwinkernder Chuzpe, sozusagen ein Ton gewordener Cartoon im Saloon; der traurige Clown trinkt ehnen über den Dorst und alles andre ist ihm Worst. (Der Fleisch gewordene worst case sozusagen, auf deutsch: Fleischkäse.) Ein solches, zunächst etwas krude anmutendes Artefakt, das sich allerdings nicht nur in stimmlicher Hinsicht als stimmig erweist, ist mir noch nicht untergekommen. Sämtliche samten vibrierenden Stücke wirken wie aus einem Guss und würden sich auch in so manchem Radioprogramm gut machen, wenn man dort wirklich originellen Bands eine Chance gäbe anstatt stetig Phon-Klone im Dutzend zu produzieren. Jedes Stück von U.N.I. besitzt eine eigene tonale Choreographie und spielt genüsslich auf der emotionalen Klaviatur des Rezensenten. Bei solchen leider viel zu selten zu hörenden Klängen werden nahezu alle gängigen Evidenzkriterien für Emotionalität in der Musik mit Bravur erfüllt. Initiator und Hauptverantwortlicher dieses Albums ist der Tausendsassa Jouni Lehtonen (Keyboards, Gitarre, Mandoline, Akkordeon, Kantele, Flöten, Percussion und Chorgesang), dem Petra Lehtonen (Solo- und Chorgesang), Jussi Ahonen (Bass), Markku Tuomi (Schlagwerk), Kari Riihimäki (Gitarre), Emmi Salmi und Liisi Uusitalo (Violine), Tuuli Amrahova (Viola), Johanna Jaakkola (Cello), Hanna Kalske (Chorgesang), Jukka Vaajoensuu (Saxofon) sowie Lubena Nova und Sofia Källström (Gesang) assistieren. Bei so vielen AssistentInnen konnte ja nichts schief gehen. Bleibt zu hoffen, dass dieses Projekt weitergeführt wird und sich zur festen Band entwickelt. Alle Texte sind übrigens Adaptionen von Gedichten weltbekannter Autoren wie beispielsweise William Shakespeare oder Lewis Carroll. Es wird wirklich höchste Zeit, dass auch im Prog Rock vermehrt mit großen Besetzungen gearbeitet wird, denn auf diese Weise bleibt dieser Stil beweglich und nicht an seiner eigenen Sophisticatchiness wie an einem Fliegenfänger kleben.

facebook.com/unibandproject
Frank Bender




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