Umphrey's McGee "Anchor Drops" (InsideOut Music 2005)

Was für eine tolle Musik! Die 1997 in Chicago gegründete Band hat bereits 4 CDs und eine DVD veröffentlicht, nichts davon in Europa. InsideOut bringt die phantastische Band nun über den großen Teich, vielleicht angeregt durch InsideOut Amerika. Und "Anchor Drops" ist ein Anwärter auf eine hohe Prog-Chart-Position in 2005 (yeah!).
Brendan Bayliss (g, voc), Jake Cinniger (g, synth, voc), Joel Cummings (key, voc), Andy Farag (perc), Kris Myers (dr, voc) und Ryan Stasik (b) sind stilistisch nicht so ohne weiteres einzuordnen. Ihr eklektischer und ungemein phantasievoller Stil setzt sich aus verschiedenen Einflüssen und großartiger künstlerischer Gabe zusammen. Der Pressetext (den ich einfach abschreiben könnte, so gefällt er mir!) bringt da Namen ins Spiel, die in der einen oder anderen Form völlig zutreffen: Steely Dan, John Coltrane, Frank Zappa, Mahavishnu Orchestra, Dixie Dregs, Pearl Jam, Phish. Da klingen mal die Allman Brothers durch, ist Folk und Americana zu finden, und Umphrey's McGee gehen stets sehr komplex vor. Sie lieben rasante Unisono-Passagen, vertrackte Rhythmusattacken, jazzverseuchte Harmonien und haben ein ausgezeichnetes Gespür für lautes Vorstürmen und elegantes Zurückziehen; geben mal kräftig Gas und fallen in lyrische Stille zurück. Ihre Songs sind sehr virtuos und lebendig und hinreißend vital. Da vermittelt sich Lebensfreude, strömt wilde Fröhlichkeit durch die Blutbahnen. Und die Krönung des ganzen sind winzige, aber häufige agogische Zentren, wenn sich erregte Tonfolgen zu extrem schnellen Basen zusammenziehen und schier explodieren! Dazu schnöselt so ein dreckiges Rocker-voice sich lässig heraus, das ich ganz verwirrt bin: die haben ihre eigene Sicht auf die Dinge, und was für eine. Was Umphrey's McGee hier verknüpfen und zusammensetzen, ist allerliebst und große Kunst, dabei stets bodenverhaftet und groovig. Die vielen instrumentalen Stücke und langen Parts sind außerordentlich.
Song 9 plötzlich, "Bullhead City" ein Americana Song, Folk aus dem countrylastigen Süden. Das riecht nach Staub, Kneipen und Westernsattel. Und obwohl das Stück ganz und gar aus der Rolle fällt, passt es doch hinein, in diesen eigenartig mitreißenden Kosmos. "Miss Tinkle's Overture" im Anschluss ist ein ebenso geniales Progressive Rock Monster wie der Opener "Plunger". Und es hört nicht auf, vom ersten bis zum 14. Stück ist diese CD liebenswert und wahnsinnig stark. Hoffentlich wird InsideOut, wie bei anderen Bands gehabt, die früheren Werke der Band auch für Europa veröffentlichten. Pflichtteil!

VM



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