UFO "Showtime" 2CD/2DVD (Steamhammer, VÖ: 11.11.2005)

UFO ist ein Klassiker des Heavyrock. Pete Way (b) hat im August 1969 mit Mick Bolton die Band Hocus Pocus gegründet. Kurz darauf kam Sänger Phil Mogg dazu. Nachdem Schlagzeuger Andy Parker zur Band gestoßen war, änderte die Band ihren Namen in UFO um. Unter diesem Namen wurden etliche großartige Rockklassiker veröffentlicht. Bis zum Doppellivemonster "Strangers in the Night" (1979) konnte man den voluminösen Heavytracks der begnadeten Combo stets hingerissen zuhören.
In den 80ern stiefelten auch UFO, nach dem fabelhaften Line-Up Mogg, Way, Schenker, Parker und Raymond von etlichen Besetzungswechseln geplagt, wie JEDE andere Rockband, qualitativ in den Keller und versuchten sich als liedhafte Metalkopisten, was ihnen nicht gut stand. Aber die 80er, das Jahrzehnt, das die Schlagzeuger, Schlagzeugsounds und Schlagzeugtechniken bösartig und vorsätzlich vergewaltigt hatte, ging vorüber und die Band existierte irgendwie weiter.
Jetzt, so könnte man meinen, ist die Band kraftvoll und virtuos wie in der guten alten Zeit.
Vielleicht war noch kein Song der Band jemals von einem so differenzierten und komplexen Schlagzeugteppich unterfächert worden. Die Jungs sehen heute noch gesund aus, wenn sich auch, logisch, die vielen Jahre in die Gesichter geschrieben haben. Selbst der Nachwuchs, der jetzt die einst vakanten Stellen besetzt, gehört zur Liga der Angejahrten: neben Sänger Phil Mogg, der ungemein vital und toll schlank aussieht und dem Rockerirrwisch Pete Way am Bass ist der langjährige UFO Gitarrist und Keyboarder Paul Raymond immer noch mit an Bord. Die Gitarre spielt der Saitenvirtuose Vinnie Moore, der bereits etliche Alben unter eigenem Namen veröffentlicht hat, damit aber nie so bekannt wurde wie artverwandte Gitarristen, etwa Steve Vai oder Joe Satriani, Genannten in technischem Geschick nicht nachsteht, wohl nur nicht genug eingängige Ausdruckskraft entwickelt hat, um ein großes Publikum zu erreichen und sich über Jahre mit fabelhaften Alben im Kielwasser des Prog Metal herumgetrieben hat (und als Sessionmusiker begehrt war). Am Schlagzeug sitzt Jason Bonham, jetzt mit Glatze und Kinnbart, die ersten Augenfältchen haben sich eingefunden, seinem Led Zeppelin Vater tut er es eigenständig und verwandt nach, seine Schlagzeugtechnik vitalisiert UFO ungemein. Die separat veröffentlichten 2CD sowie 2DVD beinhalten dasselbe Konzert, aufgenommen vor begeistertem Publikum am 13. Mai 2005 in Wilhelmshaven. Die Band spielt viele jüngere Songs, greift aber auch in verschiedene Phasen ihrer Geschichte zurück und arbeitet sich mit diversen Gitarrensoli und Improvisationspassagen durch ein fabelhaftes Heavyrock-Programm. Auf CD2 kommt die Band dann (endlich) zu den "Phenomenon"-Songs "Rock Bottom" und "Doctor Doctor", die sie genüsslich bis zu 15 Minuten ausgedehnt spielen, da geben sie instrumental alles. Dank Vinnie Moore und Jason Bonham, die als Hauptartisten in allen solistischen Parts gelten müssen, gelang das auch grandios, das ist auf CD und DVD gut nachzuvollziehen.
Leider konnte die Band sich nicht durchringen, Material aus der ganz frühen Bandphase zu spielen, Songs wie "Boogie", Cochrans "C'mon Everybody" oder "Prince Kajuku", die sie einst zu wilden Hits machten, sind leider nicht zu hören.
Die CD beinhaltet die 16 Songs des Konzertes, die DVD bietet jede Menge Material darüber hinaus. Nach dem emotionsreichen Konzert, das 6 Kameras eingefangen haben und angenehm kurzweilig anzusehen ist, gibt es auf DVD1 weiteres Bonusmaterial: Making Of DVD, Slideshow, Bandbio und Diskographie - noch nicht sehr viel, aber immerhin ein netter Bonus. DVD2 ist der Hammer. Zum einen kann man der Band im Studio (am 26. Mai 2005 in den Peppermint Park Studios in Hannover) zusehen, wie sie mit einem kleinen klassischen Ensemble neue Songs spielen (was sie später im "Making Of Studio Recordings" als etwas angestrengt bezeichnen - aber gut rüberkommt). Nach dem Making Of Studio Songs gibt es eine Dokumentation namens Rockboat und danach gleich noch eine namens USA 2004, wo es um die Band und ihre Shows irgendwo in den USA und Skandinavien geht. Schließlich gibt es ein ausführliches Interview um die Historie der Band und "Bonus Statements", die wohl aus dem weiteren Interviewmaterial herausgeschnitten wurden. Das Ganze ist weniger launig als eher sachlich und interessant gemacht.
Viel Material, natürlich professionell aufgenommen und perfekt produziert.
Die Süchtigen müssen zwischen der (spannenden) Live-CD und der viel umfangreicheren DVD mit viel Hintergrundmaterial wählen. Beide Produktionen sind trotz des Fehlens alter Hits (die beide verbliebenen Gründungsmitglieder wohl nicht mehr hören können…) zu empfehlen, wobei die DVD mit rund 200 Minuten Videomaterial viel verlockender ist. Mein persönlicher Tipp ist die DVD, dazu das CD-Reissue von "Strangers in the Night" (wenn es das bereits remastert gibt…). Oder schreibt dem Weihnachtsmann einen netten Brief und die Oma macht das dann schon…

ufo-music.info
VM



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