Trikolon "Cluster" (Garden Of Delights 2003)

Trikolon wurde 1967 in Osnabrück gegründet. Hendrik Schaper (key, tr, voc), Rolf Rettberg (b) und Ralf Schmieding (dr) spielten symphonische Rockmusik mit starken Klassik- und Blues-Einflüssen. Trikolon traten nur an den Wochenden auf, waren aber bald im Osnabrücker Raum bekannt. 1969 zeichnete das Trio ein Konzert auf, das als "Cluster" auf LP erschien und nun als CD-Reissue vorliegt. Hendrik Schaper bestimmt stets, wo es langgeht. Sein Orgel-Spiel ist stark von Keith Emerson (zu The Nice- und frühen ELP-Zeiten) beeinflusst. Die Geschichte der Band ist (wie gehabt bei Garden Of Delights) im Booklet ausführlich nachzulesen. Die Stücke der CD sind sehr eigenartig und unterscheiden sich deutlich voneinander. Stets klingt ein düster-obskurer Ton mit, was vor allem am Klangbild der hochtönenden, eher blassen Orgel und den simplen Aufnahmebedingungen liegt. "In search of the sun" ist ein ellenlanger Song, in dem Hendrik Schaper sich als Sänger mit kraftvoller Stimme beweist. Vor allem jedoch ist sein ausgeflipptes, dabei aber nicht immer nachvollziehbares, teilweise selbstverlorenes und auf Dauer anstrengendes Orgelspiel bestimmend. Hier und dort klingt es, als sei das Stück die passende Backgroundmusik für einen Horrorfilm der Sechziger Jahre. Wenn jedoch Bass und Schlagzeug hinzukommen und sich ein harter und jazzbetonter Rhythmus der Songs annimmt, wechselt die Stimmung zum Heavy Rock. "Trumpet for example" ist heftig und fabelhaft jazzverseucht. Nicht nur, dass Hendrik hier seine Trompete malträtiert und zu radikal-vitalen Läufen ausholt, auch ist die Rhythmuscrew dabei, allerbeste Arbeit zu leisten. Geniales Stück, vielleicht das beste der Platte. Daran schließt sich das Piano-Stück "Hendrik´s easy groove" an, wieder ein sehr langes Teil, das von völlig verrücktem, bluesverseuchtem Spiel geprägt ist. Hendrik spielt in diesem Song etliche Motive bekannter Songs von The Nice, Mozart und anderen. Die LP wurde von "Blue Rondo" abgeschlossen, dem Motiv von Mozart, dem sich schon The Nice und Dave Brubeck widmeten. Die Trikolon-Version ist ungemein wild und abgefahren, nicht immer ganz sauber, eher schnoddrig gespielt. Die absolute Heavy-Variante, das war live gewiss ein tolles Erlebnis. Als Bonus hält die CD eine 22-minütige Überraschung bereit. "Fuge" von Johann Sebastian Bach wird nach Herzenslust zerstört, wieder zusammengefügt und erneut zerfleddert. Hier solieren auch Bassist Rolf und Schlagzeuger Ralf. Ein brachiales Teil, das in der orgelbetonten Umsetzung erneut wie Musik für einen Horrorfilm klingt. Daher haben Deep Purple für ihre einige Jahre später eingespielten Alben wohl Inspiration bezogen. Die Fuge macht allein von der Komposition viel her und gibt genügend Raum für Variation und Improvisation. Schon Bach selbst hat tagelang in den Kirchen, in denen er Dienst hatte, seine Fugen endlos "bearbeitet". Hendrik Schaper ist gewiss kein solch genialer Komponist wie Bach, aber ein inspirierter Musiker war er auf alle Fälle. Bei allen Mankos, die diese Veröffentlichung hat - der Klang ist gewöhnungsbedürftig, die Endlosigkeit der Orgel-Soli hin und wieder zuviel des Guten, zudem hat die Veröffentlichung ein phantasieloses, langweiliges Cover - bietet sie doch tolle und schön extrem vitale Musik.

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VM



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