Trigon: Continuum (Eigenverlag 2004)

Jubiläum im Hause Trigon! Die leicht verrückten Karlsruher veröffentlichen mit dem 2004er Album "Continuum" ihre 25. CD! Dem Anlass angemessen, gibt es etwas besonderes: Es ist ein Studio-Album. Und da gibt es in der inzwischen langen Historie von Trigon nicht so viele davon, "Continuum" ist erst das Dritte dieser Art.

Wer sind überhaupt Trigon? Und wieso haben die schon so viele CDs veröffentlicht? Also: Trigon kommen aus Karlsruher und sind in vielerlei Hinsicht eine bemerkenswerte Band. Die Band existiert im Kern (die Gebrüder Lange) schon seit 1989. Einen gewissen Bekanntheitsgrad dürfte sich die Band inzwischen durch Auftritte u.a. beim Burg Herzberg-Festival, beim Freakshow-Artrock-Festival 2003 und bei der "Progparade 4" der Mailingliste "progrock-dt" in 2003 erspielt haben.

Trigon nennen ihre Musik "HeavyZenJazz", was soviel heisst, dass die Musik heftig-rockend (Heavy), aber auch psychedelisch, zuweilen meditativ (Zen) und spontan, improvisiert, instrumental (Jazz) daher kommt. Und es funktioniert...

Dann "singt" bei Trigon die Gitarre und das ist wörtlich zu nehmen. Nachdem man Stress mit einem unzuverlässigen Sänger hatte, beschloss man als Instrumental-Trio weiter zu machen. Und das war eine richtige Entscheidung, denn neben dem virtuosen, farbigen, ausgeflippten Gitarrenspiel des Band-Masterminds Rainer Lange kann man sich auch keinen Sänger mehr vorstellen. Das Trio wird von Rainers Bruder Stefan am Bass und - in der aktuellen Besetzung - von Tihomir Lozanowski am Schlagzeug komplettiert.

Desweiteren ist Trigon eine "GEMA-freie" Band, das heisst, ihre Musik unterliegt keinerlei GEMA-Beschränkungen und darf (und soll natürlich) zum Zwecke der Verbreitung und des Genusses frei kopiert werden (natürlich darf sie nicht zu kommerziellen Zwecken missbraucht werden). Daher sind auch die meisten der bisher erschienen Trigon-Alben per Download frei erhältlich (siehe Link unten). Lediglich, wer eine komplette CD mit Artwork oder eine der Studio-Scheiben haben möchte, muss einen bescheidenen Betrag an die Band überweisen. Viele der bisher erschienen 25 Alben sind Livealben oder Mitschnitte von sogenannten "Public Jams", die die Band regelmässig durchführt.

Und wie ist nun der 25. Weckruf aus Karlsruhe geworden? "Continuum"... ich schätze, dieser Titel ist durch aus mit Bedacht gewählt (so wie ja auch die einzelnen Songtitel bei Trigon immer ein besonderes Kapitel sind und mit grosser Aufmerksamkeit und gelungenem Witz ausgewählt werden), denn "Continuum" bietet durchaus die gewohnten Trigon-Trademarks auf guten Niveau: Alles beherrscht wird von Rainer Langes - man kann es kaum anders nennen - singender "Lied"-Gitarre. Nach wie vor versteht er es der Gitarre die unwahrscheinlichsten Klänge und Geräusche zu entlocken, so dass auch lange Soli mit jaulender, quietschender, jubilierender Gitarre eigentlich niemals langweilig werden. Damit aber hier kein zielloses Töneerzeugen entsteht, sorgen Stefan Lange am Bass und - neu - Tihomir Lozanowski am Schlagzeug für ein solides, groovendes Rhythmusfundament. Auch wenn die Gitarre das Klangbild irgendwo dominiert: Es lohnt schon auch die Tiefentöne zu verfolgen und den schrägen Grooves des Drumkits zu lauschen... dies ist ein wesentlicher Grund, warum Trigon-CDs eben nicht langweilig werden. Trotz Studioaufnahmen sind die Songs trotzdem als Live-im-Studio-Jams entstanden, möchte ich meinen, so dass nichts von der urwüchsigen Kraft von Trigon verloren geht.

"Continuum"... bietet aber auch neues: Tihomir Lozanowski spielt (das habe ich ja auch schon in meiner Rezi zu "Progparade 4 Live" geschrieben) ein etwas perkussiveres Schlagzeug als seine Vorgänger. Dies führt manchmal dazu, dass der unbestreitbar vorhandene "Frickelfaktor" der Trigonschen Kompositionen noch zunimmt. Andererseits passt gerade dieser Stil gut zu "Continuum", denn hier - und das ist auch eine Art Neuerung - finden sich einige ruhigere Titel, die die psychedelische Komponente der Musik deutlich betonen, so z.B. "Coitus Trigonus Continuum" oder auch der Longtrack (über 15 Minuten! ...in dieser Länge auch 'was Neues für die Band) "Trigonometrie". Wenn's drauf ankommt, kann Tihomir Lozanowski auch mit ordentlich Druck die Felle gerben (man höre sich nur mal diesen Led Zeppelin-Groove am Beginn von "Ein Ton schrägt durch den Raum" an), so dass er wohl die Idealbesetzung am Drumkit von Trigon darstellen dürfte.

Neu ist vielleicht auch, dass schon mal der Bass die Linie vorgeben darf und sich die Gitarre sozusagen "hinten anstellt" und die Melodie von den tiefen Tönen aufnimmt und fortführt, so z.B. in "Aural-Verkehr mit Frickelposition" (har, har, Kamasutra-Sex für Proggies, Hauptsache es wird ordentlich gefrickelt:) ).

Wenn Rainer Lange in einem Trigon-Newsletter schreibt "diese CD ist unsere spacigste und entspannteste", dann hat er wohl recht damit. Eigentlich läuft das Album wie in einem "Flow", wie ein langer Jam zäh, manchmal düster, aber voller Energie wie ein Strom Lava aus den Boxen. Dies ist möglicherweise auch der Hauptkritikpunkt: Manchmal gerät die Musik ein bisschen zu relaxed, so dass ein Stück weit die Spannung verloren geht und sich bei nicht so genauem Hinhören etwas Langeweile einstellen kann. Die Musik ist verschenkt, wenn man sie nur so nebenbei laufen lässt.

Und wenn wir schon beim Meckern sind: Ich hätte mir gewünscht, dass z.B. Udo Gerhards (Tastenmann der Bands Scythe und Nekropolis 23, der die Band inzwischen schon des öfteren live begleitet hat) oder ein anderer guter Keyboarder einige Songs mit ein paar Klängen jenseits von Gitarre / Bass / Schlagzeug veredelt hätte.

Glücklicherweise sind aber über das ganze Album eine Reihe von Krachern platziert, die letztlich doch verhindern, dass allzu entspannte Grooves den Hörer zu sehr einlullen... so donnern gerade "Ein Ton schrägt durch den Raum", "Explicit Lyrics" (toller Songtitel für einen Instrumental-Band!), das geniale "Vaporisiert das alles" (mit so einem völlig coolen Gov't Mule-Groove) ziemlich brachial aus den Boxen.

Gelungen sind auch der Opener "Zentrifugal", der einen - nomen est omen - scheinbar mit der Kraft derselbigen in das Album zieht. Und das mich besonders begeisternde Zwischenspiel "Das vibriert nicht serienmässig", wo sich in meinen Ohren Frickelprog, Jimi Hendrix und Cream in virtuoser Weise verbinden.

Die Karlsruher bleiben sich also auf hohem Niveau treu und liefern mit ihrem 25. Album so etwas wie eine Zusammenfassung ihres bisherigen Schaffens ab. Für Neueinsteiger sicherlich DIE Gelegenheit Trigon fernab von schwierigem Sound (die Live- und Jam-Alben der Band haben natürlich nicht immer Studio-Sound-Qualität) kennenzulernen, für Fans und Trigonauten ohnehin Pflicht.

heavyzenjazz.de/
Trigon-MP3-Archiv: fopi.net/members/trigon/
Thomas Kohlruß




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