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The Psychedelic Ensemble "The Sunstone" (Glowing Sky Records/Just For Kicks Music, 27.03.2015)


Die Welt des Psychedelic Ensemble ist besonders und eigenartig. Zugleich schwerelos und wuchtig, direkt und bombastisch, wirken die Songs unnahbar und flutschig, als seien sie nicht zu greifen. So wie Fisch im Wasser. Das ‚psychedelische' Element ist ausgeprägt, als wäre das, was hier zu hören ist, aus unwägbarer Sphäre. Dabei spielt sich das fünfte Album des unerkannt arbeitenden Musikers ebenso im symphonischen Progressive Rock ab wie seine vier Vorgänger.
Instrumentale Interplays haben oftmals eine fast fluchtartige Schnelligkeit, wobei die ausgeprägt komplexe Schlagzeugarbeit, deren Sound wie programmiert klingt, die rasante und ungreifbare Hektik in Zusammenarbeit mit der direkten, hintergründigen Bassarbeit ungemein unterstützt. Sobald ein hektisches Thema genommen ist, fällt ein schöngeistig symphonisches Motiv ein und mildert die Pingpong-Dynamik. Um gleich wieder von erneuter überaus fluchtartiger Dynamik eingeholt zu werden. Es braucht eine Weile, sich in den Kosmos des Mannes einzuhören, der sich The Psychedelic Ensemble nennt und außerhalb dieses Projektes vermutlich bekannt ist und seine Interessengebiete nicht überschneiden will. Solistisches ist rar gesät, so gibt es keine ausführlichen, nur hier und kurze Gitarrensoli zu hören. The Psychedelic Ensemble arbeitet konzertant mit strengen Arrangements ohne lose Enden oder emotionale Einzelausflüge.
Symphonisch elegische Passagen klingen Klassik-nah, im fülligen Klang der Tasteninstrumente ebenso wie im Arrangement der klassischen Instrumente. Romantische Bögen schweifen ins Weite, raffiniert konzentriert komponiert, mit gefühlter Leichtigkeit groß angelegt. So wie die hektisch rasanten Komplexpartien Holterdiepolter schießen und viertelnotenstarke Stakkatos zelebrieren, fließen die symphonischen Reigen weich und lyrisch wie in der romantischen Klassik.
The Psychedelic Ensemble, der ein umfangreiches Instrumentarium spielt, alle Facetten seiner Komposition ins rechte Licht zu rücken, singt seine eigenen Texte, überlässt jedoch überwiegend Ann Caren das Mikrophon. Die Dame hat eine entrückt schöne Stimme, die sehr angenehm zur instrumentalen Wucht passt und ebenso zerbrechlich und unnahbar klingt, wie das ganze märchenhafte Werk.
Gäste an Rockinstrumenten sind hier und dort aktiv geworden, Michael Wilk (Hammond B3) etwa, oder Davis Brooks mit den großartigen Beiträgen an der (Jazzrock-)Violine. Zudem gibt es das Principal Orchestra als markanten, steten Part des Werkes. Da ist der ‚Conductor of The Psychedelic Ensemble Orchestra' (Jonathan Roberts), der Leiter des zehnköpfigen klassischen Ensembles. Die Orchestration schrieb der Mann namens The Psychedelic Ensemble selbst, die Obacht der Einspielung der klassischen Parts übergab er Amanda Smith Roberts, die als Konzertmeisterin die Umsetzung der klassischen Arrangements übernahm. Die klassischen Musiker sind vielfach in allen Songs zu hören. Ihr Anteil macht die Songs reich, überraschend wohlklingend und klassisch. "The Sunstone" wird durch die klassischen Instrumente, die klassische Notation spielen, was perfekt ins Rockarrangement eingearbeitet wurde, besonders reif, hat eine ausgenommen professionelle Note, was im Progressive Rock nicht immer der Fall ist.
In 11 Tracks, die 62:34 Minuten füllen, wird das fünfte Konzeptprojekt (als märchenhafte Wikinger-Geschichte, deren Text samt einer Einführung im Booklet abgedruckt sind) erzählt. Neben den hektischen Parts, dem Rock-symphonischen Anteil und den eindrucksvollen, professionellen klassischen Parts ist nicht nur partiell, sondern tragend und überaus präsent Jazzrock im Stile des Mahavishnu Orchestra zu Zeiten des Albums "Apocalypse" eingebaut (was nicht nur am ‚Jazzrock-Einsatz' der Violine liegt, sondern in der Komposition). Gewiss klingt das, was The Psychedelic Ensemble komponieren, eigen und wenig vergleichbar mit anderen Bands wie ebenso wenig mit dem Mahavishnu Orchestra (wie ebenfalls das Mahavishnu Orchestra ein unvergleichlicher Klassiker ist). Aber die Parallelen sind eindeutig, wenn The Psychedelic Ensemble auch viel hektischer und rocksymphonischer arbeitet, und das Mahavishnu Orchestra diese besondere, erhabene Eleganz zelebrierte. Elegant ist "The Sunstone" auf alle Fälle auch, auf seine Weise. Wie oft im Progressive Rock, hier aber markant und auf unnachahmliche Weise, wirkt es, als sollten so viele Noten wie nur irgend möglich untergebracht sein. So machen selbst Parts, die nicht per se auf Speed sind, den Eindruck, wuchtig und beinahe überladen zu sein. Und gleichzeitig scheu, verträumt und unwirklich.
The Psychedelic Ensemble ist etwas Besonderes. Zum einen qualitativ. "The Sunstone" ist professionell (hört euch nur "Prologue - The Voyage" an), gleichzeitig fast unwirklich. Wer auch immer hinter dem Namen steht, was nicht größtes Interesse ist und der Musik nachsteht, möge unbedingt im Sinne dieses seines Projektes weiterarbeiten.
Wie würde unser Mann mit dem Fotoapparat und der stets guten Laune sagen: "genau mein Ding!".

thepsychedelicensemble.com
justforkicks.de
VM



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