The Psychedelic Ensemble
"The Art of Madness" (2010)
"The Myth of Dying" (2010)
"The Dream of the Magic Jongleur" (2011)

The Psychedelic Ensemble - der "Band"-name ist irreführend. Kein Ensemble verbirgt sich dahinter, nur ein einzelner Musiker, der unerkannt bleiben möchte, vermutlich weil sein eigener Name nicht unbekannt auf anderen (musikalischen) Gebieten ist. Und Psychedelic? Gewiss sind da Ansätze. Ansätze - viel mehr nicht. Die drei bislang unter The Psychedelic Ensemble veröffentlichten Alben, das erste bei Musea, das zweite als Privatpressung, das dritte wohl ebenfalls, nur dass jetzt mit ‚Glowing Sky Records' ein Labeltitel angegeben ist, der wie The Psychedelic Ensemble wohl nur ein weiteres Synonym für die Person ist, der diese drei wohl geratenen Babys zuzuschreiben sind, diese drei Alben sind retrospektiver Symphonic Rock mit großartig komplexem Aufbau.
In den beiden Interviews, die Progressive Newsletter und Progarchives mit dem seit 35 Jahren aktiven Komponisten führten und die auf seiner Webseite (siehe unten) nachzulesen sind, erläutert der für seine musikalische Arbeit als The Psychedelic Ensemble unerkannt bleiben möchtende Musiker, warum dies so ist und was "Psychedelic" im Bandnamen bedeutet: "The "Psychedelic" component of The Psychedelic Ensemble derives from my belief - and perhaps I am alone in this belief - that both albums are neo-psychedelic projects. Psychedelia lies more at the core of the concepts of both albums than the musical style." Hätte der Mann sein Projekt The Progressive Ensemble genannt, wäre er - mit denselben Alben und der gleichen Musik - wahrscheinlich bekannter und erfolgreicher. Namen sind nicht nur Schall und Rauch, sie sind Orientierung und Bindung, etwa wie die dumme Denke der musikalischen Schubladen, die schlicht nicht auszumerzen ist.
In "The Realm of the Skeptics" singt - ab jetzt nenne ich ihn Mr. PE - von verschwendeter Zeit. Und Musikhören kann, diese Erfahrung sammelt ein jeder Musikhörer im Laufe des Musikhörerlebens, durchaus massive Zeitverschwendung sein. Wenn die Musik nicht die Qualität erfüllt, die/den Hörer(in) aus der Zeit zu reißen und in sein Mysterium zu ziehen.
Ganz eindeutig haben alle drei Werke beeindruckend hohe Qualität. Vor allem werden Progressive Rock Süchtige ihre Freude an den Alben haben. Das momentan leider angesagte und überaus überschwemmte Genre (alle Bands wollen plötzlich ‚progressiv' sein, oder so genannt werden, haben sie damit auch kaum etwas gemein) erfährt mit den drei in erstaunlich kurzer Zeit veröffentlichten CDs einen enormen Qualitätsschub. Stilistisch macht Mr. PE kein schmales Brett, da sind tatsächlich stilistisch psychedelisch anmutende Unwägbarkeiten zu hören, viel mehr symphonische Komplexe, erstaunlich neumusikalische Einlagen, gar Blues und liedhafte Pseudo-Folk-Sprengsel - aus allem lässt sich die klassische Handschrift als Komponist und als Handwerker an den diversen Instrumenten, die Mr. PE tatsächlich im Alleingang bespielte, erkennen. Zudem Sozialisation in den Sechzigern und Siebzigern, als Rockmusik aus drei Minuten hinauswuchs und mit Jazz, Klassik, Blues und Avantgarde in seinen wildesten, befreitesten und besten Momenten zu dieser klassischen Größe fand, die Progressive Rock genannt wird.
Die stilistische Mischung der drei Alben ist ungewöhnlich und erfüllend. Mr. PE lehnt sich nicht an bestimmte Klassiker der Progressive Rock Szene an, bedient sich nicht des Stiles eines Vorbildes, sondern findet seine eigene Qualität, seinen eigenen Klangraum und Stil. Gewiss sind viele Parts in den diversen Songs auf den drei Alben leicht nachvollziehbar, als seinen sie bekannt. Die instrumentale Ästhetik des Rockinstrumentariums, die Rhythmuskomplexität, die elegische bis ausgefallen ‚schräge' Note einiger Parts, der bisweilen symphonische Breitwandsound, E-Gitarren, Synthesizer - Musik kennt keine Grenzen, jedes Genre darin schon. Und doch ist nicht ein Song herkömmlich oder abgekupfert. Manche Parts in manchem Song erinnern an ganz bestimmte Parts in Rockklassikern, wenn die Hammondorgel dem Blues frönt und Bass, Orgel und Schlagzeug samt Gitarre ein den Song auflösendes Motiv vorantreiben - solche Ideen sind in tausenden historischen Rocksongs zu hören, und doch nicht in einem weiteren so, wie das Arrangement hier entwickelt ist.
Die Qualität des Psychedelic Ensembles ist die besondere, inspirierte und begabte Art der Komposition, und das über viele Songs und (bisher) drei Alben hinweg, und die Ungewöhnlichkeit und nachvollziehbar hohe Qualität der Arrangements. Nicht zuletzt ist die technische Einspielung am Instrumentarium locker und versiert, erstklassig und ohne jedes Manko. Kopf und Hände wissen, was wie zu spielen ist.
Ganz besonders freut und beeindruckt mich, dass die auch in guten, inspirierten und begabten Bands oftmals tumb bis blöd geschriebenen und ausgeführten Gesangslinien hier keineswegs solche sind, sondern von eigener intelligenter, inspirierter Art, nicht und gar nicht langweilen und überaus hinreißend geschrieben und gesungen sind.
Während Psychedelic Freaks mit den drei kunstvollen Alben des Psychedelic Ensembles weniger anzufangen wissen werden, weil Mr. PE nicht diese tumbe Krassheit und den extravaganten, Punk-rüden, wilden Ton trifft, der nie besonders avantgardistische, sondern provokative Kunst sein will und kaum etwas am Psychedelic Ensemble im Psychedelic Rock stattfindet, sind die Schöngeister im symphonischen Progressive Rock alter Schule, denen der ganze Quatsch ab Neo & Co. herzlich egal ist, von drei hinreißenden Alben umgarnt, die es zu entdecken gilt. Vieles der drei Alben kann gewiss unter Neoprog laufen, ohne indes den üblichen simplen Strukturen zu entsprechen, eher, weil der komplexe Sound diese Sanftmütigkeit bedient, die dem Untergenre so fad eigen ist.
Ganz besonders hat es mir persönlich das Instrumental "The Quest" vom jüngsten Album "The Dream of the Magic Jongleur" angetan - wie überhaupt die weit ausgeführten symphonisch elegischen Instrumentalpassagen, die manche ganze Songs umfassen und in den Stücken mit Gesang weite lyrische Strecken absolvieren. Avantgardistische Schräglagen passieren auch hier, indes gut ins harmonisch-lyrische Arrangement eingebettet, so dass die Freaks des abgefahrenen Avantgarde-Prog weniger Erfüllung finden. Drei Alben für die klassische Progressive Rock Szene.
Tipp!

thepsychedelicensemble.com
VM



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