The Aurora Project „Selling It Live“ (Freia Music 2013)

Es kracht ganz schön(geistig) im Gebälk des Hauses der Morgenröte; die konzertante Aufführung des dritten (Konzept-)Albums „Selling The Aggression“ dieser Band, die äußerst gekonnt zwischen Prog Rock und Prog Metal changiert, sollte so manchem Verschlimmbesserer hinter den Kulissen der Weltbühne völlig zurecht die Schamesröte ins Gesicht treiben. Die Texte sind höchst lesens- und bedenkenswert; nach dem zu Ende gehenden, technokratischen Zeitalter von „Handel und Wandel“ ist langsam aber sicher ein „Handeln zum Wandeln“ überkommener Strukturen durch alle Menschen guten Willens spürbar, die von ihren Rechten als Bürger demokratischer Staaten Gebrauch machen, wie dies z.B. bei der Aktion „right2water“ der Fall war. Aber es gilt, in jeglicher Hinsicht weiterhin wachsam zu bleiben. Auch im Rahmen eines Konzertbesuchs sollte man sein Hirn nicht an der Garderobe abgeben – wer weiß, ob während des Konzerts ein kleiner Mann in das vakante Oberstübchen einziehen würde, etwa um dem kleinen Mann im Ohr Gesellschaft zu leisten oder ob man sein Hirn in gebackener Form zurück erhalten würde. (In einem solchen Falle könnte zumindest niemand mehr von einem behaupten, man sei nicht „ganz gebacken“...) Wie auch immer, der Konzertmitschnitt des Aurora Projekts überzeugt, obwohl er mit relativ einfacher technischer Ausstattung aufgezeichnet wurde, in jeglicher Hinsicht; 32 Tonspuren und 12 Kameras, die meisten davon fest installiert, lassen keine Wünsche offen. Sowohl Bild- als auch Tonqualität und darüber hinaus das effektive Bühnenambiente sind als sehr gut zu bezeichnen, was beweist, dass man hinsichtlich einer DVD-Produktion auch ohne allzu großen finanziellen Aufwand sehens- und hörenswerte Ergebnisse erzielen kann, wenn die Motivation stimmt. Der Sänger Dennis Binnekade überzeugt sowohl stimmlich als auch in theatralischer Hinsicht; er ist ein echter Frontmann mit einer ganz besonderen Ausstrahlung, der seine Textbotschaft regelrecht zelebriert und weiß, wovon er singt. Die Instrumentalisten Marc Vooijs (Gitarre), Marcel Guijt (Keyboards), Rob Krijgsman (Bass), Joris Bol (Schlagzeug) und Remco van der Berg (Gitarre und Chorgesang) spielen konzentriert und sind daher vordergründig nicht so präsent wie Dennis, aber sie bringen nicht zuletzt deshalb ein schimmerndes Tonkonglomerat von thresholdiger Güteklasse zuwege; auch Facetten von Riverside und Vanden Plas blitzen gelegentlich auf, allerdings geht der Tuplen-Sixpack stringenter zu Werke als die genannten Bands. Jo, wos soll I do sogn - gehds die Scheibn kaafa und laabts eich an dera suppa Musi!

theauroraproject.com/aurora

Frank Bender




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