Tetuzi Akiyama & Anla Courtis "Naranja Songs" (Public Eyesore 2014)


Zwei Akustikgitarristen spielen ein 40 Minuten langes Album ein, das aus nur 4 Tracks besteht. Fliehen? Wahrscheinliche Ödnis und pure Langeweile? Nicht, wenn das Album auf einem Avantgarde Label veröffentlicht wird und der potentielle Zuhörer seine Hörgewohnheiten auf ausgefallen extravagante, experimentelle Musik legt. Nicht, wenn der Japaner Tetuzi Akiyama und der Argentinier Anla Courtis die Instrumente in die Hand nehmen. Beide haben schon zahllose Alben veröffentlicht, manchmal mehrere in einem Jahr. Beide sind Spezialisten auf der akustischen Gitarre. Vermutlich sind sie gedanklich vollendet mit ihren Instrumenten verwachsen, so klingt es hier jedenfalls.
Nein, es gibt keine liedhafte Songstruktur. Doch nein, es wird kein radikaler Krach gemacht (was mit zwei [und auch nur einer] akustischen Gitarre sehr wohl möglich ist). Tetuzi Akiyama und Anla Courtis arbeiten erstaunlich melodisch, im weiteren Sinn; und sehr lyrisch, im konkreten Sinn. Das Spiel ist verinnerlicht nachdenklich, trägt eine gewisse, entfernte Verwandtschaft zu japanischer Folklore in sich (deren Stil ich namentlich nicht benennen kann), wirkt aber frei aller stilistischer oder historischer Musikmittel. Da ist kein Jazz, keine Folklore, keine Klassik, kein Rock zu hören. Das Duo übt nicht, die Spielweise ist nicht zaghaft oder verwuselt, unforsch oder wenig konkret. Akiyama und Courtis wissen genau, was sie tun. Und sie sind mutig, diese langen Stücke so episch, nachdenklich, lyrisch und in abstrakten melodischen Fluss gemächlich zu halten. Wohl nur, wer aus ambienter Avantgarde Musikgenuss empfindet, wird sich auf dieses Experiment einlassen. Und sei dazu eingeladen.
"Naranja Songs" ist ein kluges, zartes und doch krasses Stück Musik, das für geübte Hörer extraperimenteller Akustikfreakness längst nicht öd oder langweilig sein kann. Sondern sehr unterhaltsam und erholsam.

publiceyesore.com
VM



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