The Tangent "The Music That Dies Alone" (InsideOut Music 2003)

Hallo Roine Stolt! Seitdem Du mit den Flower Kings Alben veröffentlichst, Deinen Mitmusikern bei ihren Projekten unter die Arme gegriffen, selbst Solo-Platten eingespielst, Transatlantic möglich und Kaipa lebendig gemacht hast, bist Du ein äußerst gefrager Musiker. Hast Du noch ein Privatleben oder drohen Deine musikalischen Aktivitäten Dich vollends zu fressen? Im letzten Jahr im November war Roine VOR dem Konzert im Hamburger Logo die Erschöpfung tief ins Gesicht geschrieben, es war eines der letzten Konzerte der Tour, er war erledigt und sehnte sich wohl nach nichts so sehr, wie die Gitarre in die Ecke zu stellen und sich die Bettdecke über den Kopf zu ziehen. Was ist das für ein Gefühl, 20-minütige Songs Abend für Abend live zu spielen? Irgendwann werden ihm die Monster aus dem Hals heraus hängen und er wird alles, was damit zu tun hat, hassen. Rückzug ist notwendig. Doch den gönnt er sich wenig. Gerade arbeitete er an Tomas Bodins neuem Solo-Album mit, war tief in die Arbeit zum neuen Kaipa-Werk involviert und greift bei Karmakanic hilfreich ein. Damit nicht genug ist mit The Tangent ein neues Projekt ins Leben gerufen worden, dem er sich begeistert angeschlossen hat. Roine singt und spielt Gitarre, Bassist Jonas Reingold und Schlagzeuger Zoltan Csorsz hat er von den Flower Kings mitgebracht. David Jackson (Van Der Graaf Generator, Flöte, Saxophon), Andy Tillison (Parallel Or 90 Degrees, Keyboards), Sam Baine (Parallel Or 90 Degrees, Piano) und Guy Manning (Mandoline, Gesang) vervollständigen das Line-Up. Schön, mit David Jackson, der seit dem Ende der Sechziger Jahre schon an vielen genialen Alben mitgearbeitet hat, mal wieder einen alten Hasen zu hören. "The Music That Dies Alone" ist herausragend. Die emotionalen Tiefen und dichten Arrangements klingen denen der Flower Kings sehr ähnlich. So ist gleich klar, wer sich mit seinen Erfahrungen durchsetzen konnte. Vielleicht sind die weiteren Musiker, weil längst nicht so erfolgreich, auch in Devotion vor Roine Stolt erstarrt, was ich nicht glaube. Jedenfalls tragen die Songs vor allem seine Handschrift. Die Fans der Flower Kings werden The Tangent also lieben. Zwei sehr lange Stücke, "In Darkest Dreams" und "The Music That Dies Alone" - kompositorisch nicht unbedingt Flower Kings - Stücke - sind die Hauptsache. Symphonische Meisterwerke, die viele instrumentale Passagen lebendig gestalten, gleichfalls etlichen, komplizierten Gruppengesang einfügen und zwischen hartem Rock und vor allem in den Gesangspassagen schon mal poppigen Passagen viele Ideen, etliche komponierte Schlenker und Ausführungen abfeuern. Die Songs sind in Tracks unterteilt, die einzeln anwählbar sind, so kann man sich durch die Songs skippen. Ein weiteres sehr gutes Stück ist "The Canterbury Sequence" zwischen symphonischem Rock und canterburianisch geprägtem Jazzrock. Vor allem die Vokal-Parts im ersten der drei Teile, die etwas easy listening klingen, sind genial. Der zweite Teil namens "Chaos At The Greasy Spoon" ist das beste Stück der CD überhaupt, im dritten Part "Captain Manning´s Mandolin" perfekt aufgehend. Nicht so schlecht ganz. Der dritte Song der CD "Up-Hill From Here", ein kürzeres Stück, bewegt sich eher im Pop-Prog-Bereich. Auch hier gibt es gute Ideen, aber auch einiges, was mich an typisch britische Popbands der Achtziger wie The Housemartins erinnert. Die Mischung aus Symphonic Rock und britischer Popmusik (nicht Brit Pop!) geht aber auf. Die Vielfältigkeit auf "The Music That Dies Alone" ist kein Manko oder Unübersichtlichkeit, sondern ergänzt sich gekonnt. Ein Album für alle Prog Heads, Roine könnte es immerhin schaffen, die Old School Freaks mit den Neo Proggern zu vereinen.

thetangent.org
insideout.de
VM



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