Syzygy "Realms of Eternity" (Eigenveröffentlichung 2009)

Sechs Jahre hat sich die Cleveländer Band Zeit gelassen, nach "The Allegory of Light" (2003). Carl Baldassare (g, Theremin, voc), Sam Giunta (keys), Paul Mihacevich (perc, dr, back-voc), Neuzugang Al Rolik (b, back-voc) und Gast Mark Boals (voc) sind Syzygy nicht zuerst, sondern neben Familie und Job, den täglichen Dingen. Quasi das Hobby, wenn auch mit einer Intensität und Konzentration betrieben, die der an ihren Instrumenten handwerklich und kompositorisch exzellenten Band hohe Qualität bescheinigt und sie zu einem Szenehighlight werden lässt.
Wieder einmal hat die Band, deren Kerntrio bereits unter dem Bandnamen Witsend vor 16 Jahren, 1993, ein aufwendig eingespieltes, wenig bekannt gewordenes Album veröffentlicht hatte, ganze Arbeit geleistet.
Und zuerst kommen da ein paar Fragen auf. Die enorme instrumentale Komplexität in dieser erheblich lebhaft-virtuosen Einspielung - wozu und für wen macht man so etwas? Wie ist das überhaupt, symphonischen Progressive Rock zu komponieren? Das ganze komplexe Zeug, die vielen Sekunden weit über 10 Minuten lang mit im ästhetischen Klang aufgehenden, fesselnden Instrumentalfinessen zu füllen, dass es sich anhört, als sei dies ein Leichtes, und ganz logisch, und sicher, hätten die das nicht gemacht, würde ich das in der nächsten Woche entdecken!
Syzygy (und die Band hat keinen Schnipsel mit den anderen Ypsilons gemein, Lynyrd Skynyrd, ich bitte um Pardon für die Erwähnung des Namens) haben, nicht als einzige Progcombo, aber die Bewunderung muss mal raus, und hier am liebsten, unsagbar viel konzentrierte Arbeit und Rocklust investiert, mordslange Songs zu basteln und dann schließlich von der Fanmeute gesagt zu bekommen: schön gemacht! Nächste Platte! Ist eine von den 1.000 guten dieses Jahr. Schulterklopfen. Oder schlimmer: geht so.
Nimmt das nicht jeden Wind aus den Segeln, ewig viel Arbeit in Musik zu investieren und dann nicht zu wissen, ob man mit seiner Kunst auch ankommt, ob die Freaks das überhaupt oft genug hören, um es zu begreifen und die Tiefe, Raffinesse und Virtuosität der musikalischen Themen und die Rasanz der Einspielung, die so ungemein viel Arbeit gekostet hat, nachzuvollziehen und das Album zu lieben? Macht das nicht taub und stumpf für Inspiration und neue Ideen, zerstört jede Kreativität?
Für wen macht man so etwas? Nur für sich selbst. Wenn es den anderen gefällt, OK, ihr könnt euch eine CD zulegen, kauft euch das Teil und macht euer Wohnzimmer schön! Vielleicht der gesündeste Standpunkt. Was für eine Schufterei, diese unendlich viele Musik zu schreiben und dann wird man nicht geliebt wie Yes, Genesis oder Gentle Giant, deren vorbildlicher Klang in der Musik des faszinierend arbeitenden Quintetts aufgeht.
"Realms of Eternity" hat 5 Songs und eine achtteilige Suite drauf, ist 77 Minuten lang und schon die 5 Songs - vor der Suite - würden eine LP mehr als füllen und uns Fans, wenn wir denn ausnahmsweise mal zuhören, grundsätzlich und vollkommen verzücken.
Deutsche Fans, die schon Ende der Siebziger Anfang der Achtziger neugierig an jedem Radio klebten, an dem sie vorbeikamen, das gerade Rockmusik ausspuckte und nicht den längsten Bildungsweg, aber längere Rockbildungsjahre zurück gelegt haben, werden im Beginn des eröffnenden Zehnminüters "Darkfield" in Gesang und erster Harmonie die - Scorpions ausmachen können und zuerst einmal verwirrt grübeln. Aber dieser Einstieg ist nur eine Irritation, die sich schnell legt und den Blick freimacht auf die Grandiosität der fabelhaften Band. Scheint es am Beginn, Syzygy, die schon auf dem Vorgänger erheblich komplexe Musik für höchste Ansprüche komponiert hatten, seien deutlich weniger komplex unterwegs, liedhafter, immer noch tüchtig abgefahren, aber moderater, so macht sich doch bald der andere Eindruck breit. Wenn es so etwas wie den Preis für Komplexität im Progressive Rock gäbe, Syzygy wären Anwärter mit hohen Chancen.
"Realms of Eternity", drei Songs über 10 Minuten, einer davon über 16, zwei halten sich bei 5 und 6 Minuten auf, die Suite ist über 28 Minuten lang, (nur um es für die Buchhalter gesagt zu haben, grundsätzlich gilt: Progressive Rock hat nichts mit langen Songs zu tun, wenn diese aus Pappe bestehen) ist ein exzellentes Album, wer es so nennen will, sagt retrospektiv dazu, der Stil kann halt nicht erneut erfunden werden, hat aber immer noch Witz und Schmackes, wie hier zu hören und erfahren ist. Das kann euch fertig machen.
Liebt es, Leute! Hört es an. Dann wieder! Und noch einmal

syzygymusic.com
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VM



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