Strangefish "Fortune Telling" (Eigenproduktion 2005)

Das ist schon lange kein Geheimnis mehr. Genesis gibts nicht mehr, die Band ist mausetot (und das ist auch gut so!). Strangefish übernahmen die Obduktion und haben der Verschiedenen in die DNS geblickt. Dabei haben sie Rückschlüsse auf ihr eigenes Musizieren gezogen und den Einfluss der Heimgegangenen übernommen und freundlich ins Bandkonzept gewoben. Besonders was das Keyboardspiel, aber auch komplette Gesangsarrangements oder instrumentale Passagen betrifft, haben Strangefish auf die Stärken des vergangenen Vorbildes geachtet und nicht nur im gleichen Geiste, sondern auch im gleichen Arrangement gearbeitet. Diverse Parts tun sich da auf, die eine verflixte Ähnlichkeit zu allgemein bekannten Parts aus Songs der "guten Phase" (so bis "Wind & Wuthering" etwa) des verflossenen Klassikers haben. Keine gefährliche Ähnlichkeit jedoch, Strangefish haben ein gutes Händchen bewiesen, das tote Vorbild im eigenen Gewand zu modellieren. Passagenweise rockt die Band auch ganz gut, spielt kraftvollen Modern Prog mit dem Hang zum Neoprog, und dann landet sie wieder in der Pathologie.
"Fortune Telling" ist ein Konzeptalbum mit kluger und einnehmender Geschichte und tollen, überzeugenden Texten. Die musikalische Ummantelung ist nicht minder überzeugend. Der sehr starke Genesis-Einfluss (und ein zarter von Dream Theater zudem) gehen bisweilen in hartem Rock auf und zeigen markante und eingängige Melodiefiguren. Die beeindruckende Mischung aus hartem Rock und leichtgängigem Melodic Rock macht es, dass man sich dem Album nicht entziehen kann. Das kann Freaks der alten Schule entfachen und dem an leichterem Material interessierten Nachwuchs ebenso die Schuhe ausziehen. Immer wieder finden sich überraschend flotte Themen und erregende Songs. "Random" ist so ein Track, das poppige "Keep the exists clear", das spannende "Ignorance of bliss" und das dreiteilige "Reflection - This is Me" ebenso. Dazwischen sitzt der poppige Neoprog mit Magellan-Einfluss "Have you seen the light?" und vieles hörfreundliche, leichte Material.
Strangefish sind Steve Taylor (voc), Paul O'Neill (keys), Julian Gregory (b, vi, mand, va), Bob (g) und Dave Whittaker (dr, perc). Ihr gemeinsames Spiel hat ein außergewöhnlich starkes Album hervorgebracht. Das Keyboardarsenal bestimmt die melodischen Themen zuerst, die Gitarre findet Raum in Soli und harten Akzenten, während Violine und Viola leider zu wenig zum Zug kommen. Als Bonus ist mit "Lighthouse Jig" ein 7-minütiges folkbeeinflusstes Instrumental auf der CD, in dem die Viola endlich das Thema (und ein ausführliches leidenschaftliches Solo) spielen darf. Ein flotter, mitreißender Song, der die symphonische Platte burschikos abschließt.
"Fortune Telling" wird sicherlich zuerst im Neoprog für Aufsehen sorgen, doch Symphonic Rocker alter Schule sollten der Band ein Ohr leihen, kann sein, dass sie sich in die Stimmung des Konzeptalbums verlieben, wie ich es tat.

strangefish.co.uk
justforkicks.de
VM



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