Stefan Pasborg - "The Firebirds" (Ilk Music 16.02.2015)


Schwieriges Unterfangen! Klassische Komposition in anderer Intention auszuführen, als dies der Komponist vorsah. In der Pop- und Rockmusik gibt es zahllose Beispiele dafür, wie dies fatal daneben gehen kann (und ein paar, die besser sowie einige, die grandios gelungen sind). Klassik in Jazz zu verwandeln, braucht es einen Adapter. Der Komposition in Improvisation transponiert. In diesem Fall heißt der Adapter Stefan Pasborg, dem beide musikalische Lager nicht fremd sind, und der hier die Musik seiner Kindheit in seinen heutigen Musikstil übersetzt.
Das Resultat ist klassische Komposition in Jazzästhetik auf Rockdrive. Ob dies funktioniert, muss ein jeder Hörer für sich selbst entscheiden. Ansprechend ist "The Firebirds" auf Grund seiner Ungewöhnlichkeit und Kraft durchaus.
Die Besetzung Schlagzeug und Perkussion (Stefan Pasborg), Klarinette bzw. Tenorsaxophon (Anders Banke) und elektrisches Keyboard (Anders Filipsen) samt der partiell auftretenden Gäste an weiterer Perkussion (Victor Dybbroe, in vier Tracks) und Gitarre (Oliver Hoiness, in einem Track) ist gut ausgesucht. Der Klang der Blas- im Verbund mit dem Tasteninstrument ist ausgewählt, hat Volumen und seine notwendigen Spitzen. Saxophon, Klarinette und Keyboards übernehmen wechselweise die kompositorische Basisarbeit, auf der der jeweils andere improvisative Strukturen spielt (die vielfach an die Basis zurückkehrt und von dort erneut ausgeht).
Stefan Pasborg gibt diesem Spiel seinen Ansatz. Die ungemein kraftvoll knackige und dabei differenziert komplexe Schlagzeugarbeit überzeugt ebenso wie der Einsatz seiner Mitstreiter. Doch während Tasten und Gebläse melodisch und improvisativ arbeiten, sind die Sticks und Felle für Drive, Energie und Power zuständig, geben dem lyrisch-expressiven Geschehen ungemein Strom und Schub, was jedes Befremden über die Idee sofort hinwegspült.
Die Jazz-Interpretation kommt immer wieder an ihre klassische Idee, die Komposition, zurück, nimmt dabei verschiedene Fäden auf und führt aus den verschiedenen Motiven in hier lyrisch nachdenklicher, dort expressiv leidenschaftlicher Weise schön ‚verrückte' Expression aus. Die fraglos klassische Qualität der Originale geht nicht verloren, sondern gewinnt in dieser freien Ausführung neue Erfrischung.
"The Firebird Suite" und "The Rite of Spring-Suite" von Stravinsky stehen neben dem konventionelleren, dankbar flotten "Sabre Dance" von Aram Khatjaturjan. Gewiss gibt es keine 1:1 - Transkription, und doch ist die Spielzeit der Jazztracks derer der Originale nicht unbedingt weit auseinander liegend (was schon in den diversen klassischen Interpretationen der Fall sein kann). Die strengen Noten der klassischen Komposition sind so in Jazz umgearbeitet, dass die originale Idee (fast) jedes Motivs ihre Entsprechung findet, die Pasborg-Variation.
Das könnte konservative Klassikhörer zu Weißglut treiben, progressive Geister indes werden ihre Freude haben. Zu hören, wie Stravinsky und Khatjaturjan ‚auch' klingen können, neben ihrer eigentlichen Klangsprache, respekt- aber wirkungsvoll übersetzt, ist neben der Herausforderung eine kreative Erfahrung, die absolut Sinn macht. Und nebenbei die eigenen Sinne über Grenzen und Horizonte öffnet und hinausführt.
Stafen Pasborg verarbeitete die Musik der Sonntage seiner Kindheit. Vielseitig und umfangreich ist seine aktuelle Jazz-Arbeit. So stöpselte er etwa, unter anderem, bereits Klassiker des Hardrock zu Jazz um. Sein Talent, da bin ich mir unbedingt sicher, wird noch so manche eigenwillig kreative Idee fabelhaft zu Wege bringen.
Empfehlung!

firebirds.nu
ilkmusic.com
Video-Teaser: vimeo.com/116336090
VM



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