Steam Theory "Asunder" (Eigenproduktion 2015)


"Halt den Arsch unten und kneif die Backen zusammen!" ist die restringierte Version der Bemerkung "Halt den Ball flach!", die dem eher elaborierten Sprachcode zuzuordnen ist. Jason Denkevitz (Gitarre), Michael Esposito (Gitarre), Keith Misemer (Bass) und Roger Stewart (Schlagzeug) ist ein neuer musikalischer Code gelungen, der es in sich hat: Man nehme arabische Einflüsse satt (Juhu - bei arabischen Harmonien schmelze ich dahin wie Eis im Sonnenschein!!!) und transformiere diese in einen Kontext aus Prog Rock und Fusion; dieser fliegende Klangteppich reißt selbst die dicksten Wolken auseinander und erscheint mal wie Yes ohne Eunuchen-Gesang und mal wie King Crimson mit viel Sand in den Siebenmeilenstiefeln. Mike Oldfield- und Pat Metheny-ähnliche Sequenzen, in vollster filmmusikalischer Lautmalerei schwelgend, tauchen manchmal unvorhersehbar hinter der nächsten Düne auf und erzeugen Mama Morganas, die so lieblich anzuhören sind, dass ich wiederholt dem Weinen nahe bin. Eine volle Breitseite Emotionalität in komplexe Klanggespinste verpackt ist absolut nicht alltäglich - leider. Doch keine Angst, ihr unsentimentalen Kopf-Menschen, die ihr zum Tanzen in den Keller geht, immer wieder wird der Schönklang an bizarr emporragenden Felswänden gebrochen, die Steam Theory fast zu einer Fusion Prog Metal-Band machen, sind doch ebenso Ähnlichkeiten mit Projekten wie dem Liquid Tension Experiment zu erkennen. Ungerade Takte und virtuose Instrumentalarbeit finden sich zuhauf. Dieses Doppel-Album eröffnet einen ganz eigenen musikalischen Kosmos, der bei aller Komplexität nie in Chaos ausartet; Ordnungsstrukturen verschiedener Dimensionalität offenbaren sich selbst bei oberflächlichem Hören, gleichwohl werden auch Avant-Freaks auf ihre Kosten kommen. Selbst Bezüge zur E-Musik sind mitunter auszumachen, aber alles ist in höchstem Maße stringent. Wann endlich, frage ich mich, erhält diese genialische Band einen gut dotierten Platten-Vertrag, damit sie sich ganz aufs Musikmachen konzentrieren und vielleicht sogar einmal nach Europa auf Tour kommen kann? Ganz große Bühne ist dabei Ehrensache - Night Of The Prog wäre die richtige Kragenweite, wenn das dortige Publikum nicht derart eingeschränkt wäre, dass es bei Bands außerhalb der Neo Prog-Schiene die Krise kriegt, wobei die Neo Prog-Säusler und seien sie noch so (brech-)reizend, ohne Ende abgefeiert werden. (Progressiv - war da was??? Contragressiv - Synonym: langweilig - ist der wohl passendere Name für diese Spielart musikalischen Inzestes!!!) Gebt dieser Musik in Eurem eigenen Interesse eine Chance und holt Euch diesen akustischen Karfunkelstein, ihr werdet es nicht bereuen.

steamtheory.net
Frank Bender



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