Standing Ovation „The Antikythera Mechanism“ (Inverse Records 2012)

Die Prog Metal Band Standing Ovation aus Finnland besitzt nach meinem Dafürhalten den „Ipecac-Faktor“, aber nur für Charts-auf-dem-Handy-Hörer; diese armen Menschen werden solche Musik, sollten sie diese jemals auf irrigen Umwegen zu Gehör bekommen, brech-reizend finden. Von mir aber bekommt der finnische Six-Pack Jouni Partanen (Stimme), Johannes Kurvinen (auch Chorgesang) und Antti Kukkonen (beide Gitarren), Petri Eskola (Keyboards und Chorgesang), Panu Nykänen (Bass) und Mikko Kymäläinen (Schlagwerk) in der Tat Standing Ovations, bringt er doch immens frischen Wind in die Dream Theater-Klone-Szene und erinnert mich an viele, teils widersprüchlich anmutende Bands wie z.B. Aha, Mr. Bungle, Waltari, Magellan, Pain Of Salvation, Beardfish, Spock's Beard, Scotty's Sideburns, Kirk's Pubic Hair yada-yada-yada. Diese Band ist im wahrsten Sinne des Wortes progressiv, manche Stücke besitzen durch gesprochene Zwischenparts gar hörspielartigen Charakter. Auch die Texte sind absolut lesenswert, selbst wenn manchmal absichtlich ein restringierter Sprachcode benutzt wird, denn der titelgebende Mechanismus beweist wie viele andere Aufsehen erregende historische Funde (In diesem Kontext sei nur die ca. 2000 Jahre alte elektrische Batterie aus dem heutigem Irak erwähnt.), die in der Schublade oder gar „spurlos“ verschwinden, weil sie das bestehende Geschichtsbild, um dessen Aufrechterhaltung gewisse Kreise mit aller Macht bedacht sind, in seinen Grundfesten erschüttern, eindrucksvoll, dass unsere Vorfahren keineswegs die „Dumpfbatzen“ waren, als die sie gerne von akadämlichen Menschen mit dem absolutem Irrblick bezeichnet werden; ein solcher Titel gebührt viel eher uns: Die modernsten Birnen in den Hirnen, aber es brennt kein Licht hinterm Bildungsbürgergesicht! (Das Wort „modern“ kann in der deutschen Sprache gleichermaßen Adjektiv wie Verb sein, wobei die jeweilige Bedeutung in eine fast schon gegensätzliche Richtung weist.) Die Klanggebilde von Standing Ovation jedenfalls wissen bewusst Musik hörende Menschen zu begeistern - können geistlose Menschen überhaupt be-geistert werden, frage ich mich gerade entgeistert; vielleicht mit Weingeist - und sollten regelmäßig genossen werden. Doch Vorsicht: Als Nebenwirkung ist Suchtgefahr nicht auszuschließen.

standingovationband.com

Frank Bender




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