Spock's Beard "Octane" (Inside Out 2005)

Was für ein gelungenes, wunderschönes Cover! Welch fantastisches Outfit! Die Präsentation der CD ist vollkommen wohlgestalt, was von der Musik nicht gesagt werden kann. Und egal, wie gut die Aufmachung ist - wer kauft die CD nur wegen der Hülle?!
Neal Morse hat wohl in seiner vorchristlichen Zeit eine geheimnisvolle Wahrsagerin aufgesucht und sie nach der Zukunft Spock's Beard's (was für ein grammatikalischer Kauderwelsch!) gefragt, worauf sie ihm was vom Studioalbum im 10. Jahr der Band erzählte… Der ehemalige Chef des Unternehmens ist nun schon beim 2. Album nicht mehr dabei. Das verbliebene Quartett kann ihn instrumental ersetzen. Doch kompositorisch und qualitativ nicht.
Der Name Spock's Beard ist ein Begriff, selbst für Diejenigen, die die Band nicht leiden können. Und jeder Fan hat eine gewisse Erwartungshaltung. Das ist insofern positiv für die Band, als es eine gewisse Menge potentieller Käufer gibt; negativ insofern, als die Band sich nicht vollständig kreativ auslassen kann, wenn sie das stilistische Fahrwasser verlassen will, ohne Fans zu verlieren. Doch keine Sorge, die Band geht ihren Weg geradeaus weiter, seit langem in Richtung Mainstream, in Richtung harmonische Eingängigkeit.
Gewiss hat die Band nicht vergessen, was der Name gilt. Die Jungs haben sich wohl so einige Nächte um die Ohren geschlagen, um ja, verdammt, keinen Fehler zu machen!
Und tatsächlich gibt es Nettes zu hören: kraftvolle Prog-Rocker wie "The Ballet of the impact", "NWC" und das symphonische "She is everything" sowie nette Kracher wie "Surfing down the avalanche" und "The Planet's Hum". Beim Rest der Songs bin mir nicht sicher, ob das die Prog Fans begeistern wird. Vor allem nicht bei den herkömmlichen Stücken wie dem schlagerhaften "I wouldn't let it go", dem poppigen "Climbing up that hill" oder dem Rock'n'Roll "As long as we ride", der mich zuerst an die Rolling Stones erinnert.
Spock's Beard gehen einerseits auf Nummer sicher mit gut gespielten Mellotron-Passagen, die fast schon als Klischee durchgehen, so wie sie integriert sind (seht her, wir haben's noch drauf!), andererseits sprinten sie kräftig in Richtung ambitionierter Popmusik. Keine Flucht nach vorn, sondern das Zurücklehnen im gemütlichen Rockersessel. Vielleicht hat das Quartett längst die Nase voll vom ewig gleichen Progzeug und will endlich entschlacken und neu beginnen. Dann sind sie jedoch nicht konsequent genug. Um aber den Prog-Hammer rauszuholen, reicht es nicht aus, mal eben das Mellotron einzuschalten, um die Fans einzulullen. Es bedarf mehr, seinen Namen zu verteidigen. "Octane" ist gewiss kein schlechtes Album. Die Jungs sind begabte Handwerker und Songschreiber. Die Songs zeigen deutlich, dass die Band unentschieden und mit ihrem Werdegang nicht zufrieden ist, das aber auf hohem Niveau. Mal sehen, wie es weitergeht!

spocksbeard.com
VM



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