Spin Marvel "Infolding" (Rare Noise Records 02.03.2015)


Nur 4 Stunden Live-Aufnahme. An einem einzigen Tag war die Basis fertig. Später folgte nur noch das Mixing des Remix-Meisters Emre Ramazanoglu (der im sechsten, letzten Track Schlagzeug spielt). Ganz persönlich für mich ist "Infolding" bislang DAS Album in 2015. Das bislang beste Werk des noch jungen Jahres.
Spin Marvel ist das Projekt des britischen Jazz-Schlagzeugers, Professors und Session-begehrten Musikerveteranen Martin France, der in allen Spielarten zwischen Free, Avantgarde und Fusion aktiv war (und ist). Terje Evensen (Live Electronics), Nils Petter Molvaer (tr, eben dieser), beide aus Norwegen, Tim Harries (b, Bill Bruford's Earthworks) und Emre Ramazanoglu (dr, Remix) ergänzen das Line-Up dieses kreativen, inspirierten Bandprojektes, das, kurz gesagt, Avant Ambient Jazz in dramatische Intensität steigen lässt und dabei freejazzige und rockatonale Bereiche kreuzt.
6 Songs (59:31 Minuten) sind auf der CD, die stets aus ambient lyrischer Zerflossenheit starten, lebhaft diffuse und dichte Soundwände aufbauen und schließlich in wahnwitzig Hurrican-artiger Blocksubstanz hochenergetische Jazz-Stürme zelebrieren. Auf Basis grandios arbeitender Schlagzeugarbeit, die nicht nur enorm komplex, sondern vielmehr hochemotional wild und radikal arbeitet und stets einen sehr dichten Teppich flicht, auf dem die Mitarbeiter gut abgefedert ihren Rausch austoben können, erstaunlich entspannt ruhiger Bassbasis und zerfahren fließenden Trompetenstößen samt den ausgefallen hinreißenden elektronischen Sounds kocht dieses wild wuselnde Gebräu hochgradige Soundwälle hoch. Futter für Avant-Freaks, deren progressiver Sinn nach charlyesken Rasanzradikalitäten steht und die Jazz, Rock und Electronic auf die schier unwirklichste, hinreißend intensivste Weise mögen. Diese Suppe kocht!
Selbst in ambienten Phasen, wenn Bass und Schlagzeug im Off monotone Hochenergie fahren und das Blubbern und Spritzen von allererste Güte ist, die Trompete ihre lyrischen Molvaer-Davis-Linien zieht (überhaupt: Miles Davis) und elektronische Ambient-Noise-Kratzer (wie etwa Soft Machine 1974/75) den Vulkan schmücken, selbst in solch sanft lyrischer Soundhochebene ist die Intensität extrem ausgebaut. Nie strebt die Band Hörfreundlichkeit an, stets arbeiten alle Beteiligten an der radikalsten, intensivsten Umsetzung ihrer Idee und halten das hochkonzentrierte Gebräu über lange Strecken aufrecht. Mancher Rausch ist nach 7 Minuten vorüber, andere zelebrieren ihren köstlichen Inhalt über 16 Minuten und die innere Zuhörerstimme sagt: mehr, mehr, mehr davon!
Ich hoffe, dass die Jazzfestivalorganisatoren dieses Planeten dieses Album, diese Band hören und den Mainstream-Knopf ausschalten, um ihr Publikum der musikalischen Hypnose hinzugeben.
Grandiose Erfüllung!
More prog to the world.

rarenoiserecords.com
VM



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