Space Debris "Elephant Moon" (Breitklang 2008)

In der guten alten Schallplattenzeit wäre "Elephant Moon" eine dicke, schwere 3-LP-Box gewesen, die nicht schlicht als neues Werk, sondern als besondere Kraftanstrengung der Band gegolten hätte. Die Speicherkapazität der CD nimmt das Besondere der großen Menge hinweg und macht die rund 154 Minuten zu einem "normalen" 2-CD-Guss. Die Platte ist jedoch auch als 3erLP mit DeluxeCover zu haben
Christian Jäger (dr), Tommy Gorny (g, b) und Tom Kunkel (org, synth) haben sich mit Peter Brettel (b) Verstärkung für einige Songs zugelegt; Eric Bläss (g), Sven Köthe (voc) und Magic Petra (voc) sind jeweils in einem Stück aktiv geworden.
"Elephant Moon" beginnt mit dem 21:38 Minuten langen "Free Spirits". Ein bewegter, vital improvisativer Jazzrocker mit langen Läufen, der schon mal die technische Begabung der Band zeigt, mehr noch von dem großen Ideenreichtum spricht, der diesen wie die 16 folgenden Stücke so interessant macht. Space Debris meinen im Booklet: "Diese Musik ist entstanden wie in der Mondkultur: durch das freie Zusammenspiel der verschiedenen Kräfte und durch die Nutzung der Magie des Moments". Damit ist eigentlich alles gesagt, was auch die Band meint, im Booklet ist außer einigen technischen Angaben sonst nichts weiter zu lesen, sind nur eindrucksvolle Bilder zu sehen. Lange Tracks überwiegen auf "Elephant Moon", diese sind die interessantesten Stücke, weil in ihnen am meisten "passiert". Ausgedehnte Improvisationen von Tommy Gorny und Tom Kunkel auf der virtuosen, differenzierten Basis des dynamischen Schlagzeugspiels von Christian Jäger mit Unterstützung Peter Brettels, der melodische, funky angesägte Bassläufe spielt, was den ausgedehnten Tracks eine vitale, knackige Note gibt, bestimmen die melodische Fülle der erstaunlich dichten und trotz der Songlängen kompakten Arrangements. Genüsslich lässt die Band die Songs laufen, nimmt sich alle Zeit, die Motive mit Ideen zu füllen, nie gibt es Leerlauf oder langatmige Passagen. Erstaunlicher Weise sind gerade die langen Songs die mit den besseren, lebendigeren Ideen.
Nicht alles in der Musik von Space Debris ist Technik. Die handwerkliche Kunst ist Basis, die Idee der Band geht weiter: aus ihren Kompositionen alles herauszuholen, nicht nur liedhafte Songs zu erschaffen, sondern intensive instrumentale Musik. Besonders ist das meiner Meinung nach mit "Free Spirits" (21:38), "Japanese Girl" (7:37), "Return Of Voyager" (3:03), "Alien Äppler Party" (2:52) von CD1, der hellen Mondphase, und "Jazzvibe Explorers" (11:03), "Space Debris Truckin'" (9:18), "Black Viking".(21:05) und "Ur Whales" (11:17) von CD2, der dunklen Mondphase gelungen. "Heliopolis" steht dem nur wenig nach. Tom Kunkel hat ein großes Vorbild: Deep Purple, und da sicherlich Jon Lord. Das ist nicht nur in der Coverversion "Space Debris Truckin"' zu hören, dort jedoch am deutlichsten. Tom Kunkel spielt jazzbetont, ohne dabei in verwandte Blueswelten einzusteigen. Nur partiell und selten werden Space Debris bluesig. Die Unabhängigkeit von und das Springen zwischen herkömmlichen Stilen macht die Songs der Band einmal mehr interessant. Progressive Rock, Psychedelic, Jazzrock, Hardrock, instrumental Lässiges und Wildes gehen Hand in Hand. Vielleicht ist der fabelhafte Jazzanteil im dynamischen Rock etwas überwiegend, nicht jedoch in allen Stücken und nicht stetig.
Tommy Gorny bevorzugt einen rauen Ton, wenn er kurze Rocker spielt, in langen Tracks lässt er die Töne weit auslaufen oder er spielt ausgefeilte, messerscharfe Soli. Hin und wieder kommt auch er in die Nähe zu Deep Purple, zu dessen einstigem Saitenwizzard Ritchie Blackmore, wenn dann Christian Jäger auch noch wie Jan Paice trommelt, kommt ein nostalgisches Gefühl auf, das lange anhält und erst im nächsten Jazzmotiv abklingt.
Auf CD1 ist das komplette "Awakening" als Bonus enthalten, das als Rudiment bereits auf "Kraut Lok" zu hören war, und sich hier in seinen ganzen 10:50 Minuten Länge austoben kann. "Longo Ago" (12:45) und "Rockarola" (4:16) sind als Bonus auf CD2 enthalten. Ein dickes, fettes, rundes, vitales Werk voll knackiger, energischer, selbstbewusster Rockmusik hat die Truppe mit "Elephant Moon" veröffentlicht. Das Publikum reißt der Band die Scheiben süchtig aus der Hand, was gewiss nicht nur am witzigen Cover liegt.

spacedebrisprojekt.de
VM




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