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Solaris "Marsbéli Krónikák II" (Eigenproduktion 2014)


31 Jahre nach ihrem Debüt "Marsbéli Krónikák" veröffentlichen die ungarischen Progressive Rocker Solaris den zweiten Teil ihrer Mars-Chroniken. Anders als die kobaianischen Franzosen Magma und die hippiesken Internationalisten Gong, die sich ihrerseits in den Weiten des Weltalls herumtrieben (wie zahllose weitere Bands), war für Solaris das Weltall näher als die irdische Welt. Der eiserne Vorhang, Stalinismus, Geheimdienste, die ihr eigenes Volk malträtierten sowie in Gänze versteinerte Politik samt kontrollierender Kulturpolitik konnten schon dafür sorgen, dass sich die Gedanken junger Rockmusiker in fremde Welten flüchteten, in denen ihre Eltern und deren politischer Sklavenzustand nicht anwesend und beherrschend waren.
Heute sind Solaris' Musiker gestandene Männer, und einer von ihnen trägt einen Doktortitel. Aber die Jugend lässt sie nicht los. Die Chronik muss bis zum Ende erzählt werden. Wie auf dem Debüt geschieht dies überwiegend instrumental. Die somit 'gefühlte' Geschichte lebt rein aus der Musik. Nun, es gibt Gesang. Nicht nur lautmalerisch, sondern auch in konkretem Text. Doch was der bedeutet, entzieht sich meiner Kenntnis. Weder ist im umfangreichen Booklet etwas dazu vermerkt - der einzige längere Text bezieht sich auf das Bild eines jungen Mannes, das wohl Tamás Pócs (bg) abbildet, der nicht mehr an Solaris beteiligt ist und ein eigenes Projekt betreibt. Doch - die Musik erklärt die Mars-Reise ausreichend.
Wie auf dem Debütalbum (dem einige weitere interessante Alben folgten) beginnt "Marsbéli Krónikák II" mit einer ausführlich langen, wiederum dreiteiligen Suite, die im LP-Fall mit 22:26 Minuten Spielzeit eine ganze Seite gefüllt hätte.
"1st movement" klingt indes weniger nach Solaris als nach Pink Floyd in ihrer Spätsiebziger Phase. Mit dem zweiten Teil wird es deutlich solarischer, wenn das Wort gestattet ist. Die Band beweist Inspiration und Kreativität, passable und fabelhafte Ideen sind ansprechend verknüpft, die Einspielung ist dynamisch und lebhaft, es ist unterhaltsam und kurzweilig, "Marsbéli Krónikák II" zu lauschen. Sechs Gastmusiker(innen) waren in den Positionen Gesang, Violine, Bassgitarre, akustische Gitarre und Saxophon beteiligt. Gerade im weiblichen lautmalerischen Gesang offenbart sich immer wieder eine gewisse Nähe zu Pink Floyd. Keineswegs gehen Solaris dezent zu Werke. Es wird ordentlich straff gerockt, zwei Schlagzeuger machen Dampf, Gitarrensoli geben ihre schneidenden Sounds wieder, stets beeindruckend von typischen Solaris-Keyboardsounds, symphonischen Arrangements und ausgiebigem Flötenspiel begleitet.
Doch nicht allein die lange Suite ist sehr ansprechend. Die fünf kürzeren Stücke sind ebenfalls fabelhaft komponiert und arrangiert, rocken satt oder entwerfen balladesk melancholische Strukturen, die keineswegs blöd sind und raffiniert ins Ohr gehen.
Kurz gesagt: "Marsbéli Krónikák II" ist eine erfreuliche und empfehlenswerte Angelegenheit, die natürlich an das Debüt der Ungarn erinnert, den Faden aber längst weitergesponnen hat und zu einem kraftvollen symphonischen Rocksound findet, der sich hören lassen kann.
Kommt in die Sammlung.

solaris.hu
VM



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