Signs of One "Innerlands" (Unicorn Digital 2007)

Der stilistische Rahmen in der progressiven Rockmusik ist mittlerweile so weit aufgespannt, dass alles zwischen Symphonik, Metal, Elektronik, Klassik und Pop reinpasst, was irgendwie nicht tanzbar ist und eine etwas konzertante, größere Struktur hat. Das hat neue Wege aufgezeigt, vieles aber verwässert. Was wird Progressive Rock für nachwachsende Generationen sein? Ist es dann längst im großen Teich aufgelöst, wie eine Kopfschmerztablette im Wasserglas?
Das Konzeptalbum "Innerlands" ist so ein Werk. Es beginnt relativ harmlos, in den leichten Gewässern zwischen Neo Prog und New Artrock, findet im solistischen Gitarrenspiel schnell zum Metal, braucht einige Zeit, auf Schwung zu kommen und wird dann immer besser. Einflüsse aus der klassischen (nicht neuen) Musik bringen ab dem 7. Track eine konzertante Note ins Spiel, die im Folgenden rocksymphonisch ausgebaut wird.
Die Story: ein Mann findet auf einem Straßenmarkt ein mysteriöses Buch, es eröffnet sich ihm eine fremde Welt, die seine Denkweise komplett verändert. Schließlich muss er für diese Fantasiewelt kämpfen, sie zu schützen, die Feinde und Gegner, so stellt sich heraus, sind Teil seiner Persönlichkeit.
Die Arbeit an dem aufwendigen Werk hat die Band lange Zeit in Anspruch genommen, kein Wunder, allein die Ausarbeitung der Story, das Schreiben der Texte (die im Booklet abgedruckt sind), das Komponieren der komplexen Einzelsongs und Erdenken der Gesangslinien, die partiell exzellent sind und zumeist überzeugen, die Ausarbeitung der Arrangements - bis die komplette Story in 14 Stücke verpackt war, und sodann die Einspielung - bis die 71 Minuten fertig gestellt waren, haben ordentlich Köpfe geraucht.
Der Modern Prog ist facettenreich, handwerklich locker und virtuos eingespielt, wirkt aber manchmal etwas überladen - und zu Beginn deutlich unterladen. Die ersten drei Tracks sind so dürftig, dass potentielle Fans es schwer haben werden, in "Innerlands" überhaupt reinzukommen.
Zudem: die fortschrittliche Rockwelt ist voll der Fantasiewelten. Die Flucht vor realen Themen ist ein szenetypisches Manko.
Progressive Rock ist kein Schöngeist-Geschwafel aus der Comic-Ecke, sondern Rockmusik, eine kantige, lebendige Angelegenheit, die ebenso vor den Kopf stoßen wie in den Bann ziehen soll. Fantasiewelten stoßen nicht vor den Kopf, sie lullen nur ein.
Aber egal, hier ist "Innerlands", musikalisch reichhaltig und vielschichtig. Ein Szeneklassiker wird das unterhaltsame dritte Album der kanadischen Band jedoch nicht.

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VM



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