Seven Reizh "samsâra" (Eigenproduktion 2008)

Aufwendig ist nicht gleich aufwendig. Seven Reizh legen mit "samsâra" nicht nur ein musikalisch vielschichtiges und komplex angelegtes, 73 Minuten langes Werk vor, sie verpacken die CD in ein wahrhaft opulent gestaltetes, 60 Seiten starkes Hardcover-Buch in den Maßen 25 x 26 cm. Darin sind die Texte der Songs enthalten, graphische Darstellungen, Bilder und dramatisch illustrierte, verfremdete Bilder, die das musikalisch melancholische Werk in ebensolcher Bildersprache ergänzen.
14 Stücke enthält die CD, geschrieben vom Komponisten Claude Mignon und Texter und Graphiker Gérard Le Dortz, die beide auch schon das erste Album der Band, "Strinkadenn'Ys" (2001), geschaffen hatten. "samsâra" ist der zweite Teil der geplanten Trilogie, dessen erster Teil bereits "Strinkadenn'Ys" war, dessen Weiterführung jedoch davon abhängt, ob sich diese aufwendige und teure Produktion verkaufen wird. Der Preis für CD + Buch ist auf dem Buchrücken mit 30 Euro abgedruckt, was für den Umfang in seiner kunstvollen musikalischen und graphischen Gestaltung meines Erachtens gewiss nicht zuviel ist.
Die Liste der involvierten Musiker ist lang, neben dem typischen Rockinstrumentarium werden diverse ausgefallene Instrumente aus der Folklore genutzt, so neben Trompete, Violine, Cello, keltischer Harfe, Klarinette, Piano, Kontrabass und weiteren bekannten auch weniger bekannte Instrumente wie Bodhran, Kora, Udu und Zarb, Duduk und Bombarde. Die Texte sind in bretonischer (weiblicher Gesang) und kabylischer (männlicher Gesang) Sprache gesungen. Die beiden Ensemble-Chefs treten zudem als Sprecher auf.
Zu der Realisierung der Produktion war eine ganze Reihe Mitarbeiter erforderlich, die musikalische und graphische Darbietung bis zum Endprodukt (klingt das nüchtern!) gelingen zu lassen.
"samsâra" erzählt die Fortsetzung der auf "Strinkadenn'Ys" begonnenen Fantasy-Geschichte der Hauptperson Enora. "Strinkadenn'Ys" behandelte das Heranwachsen und die Identitätssuche Enoras, die sie in die mythische Stadt Ys führt. "samsâra" beinhaltet Enoras Suche nach dem Glück, das sie in einer Parallelwelt zwischen Traum und Realität findet. Der Begriff "samsâra" geht auf den im Buddhismus verwendeten Begriff - Themen des menschlichen Fragens, Zweifelns und Leidens im "Zyklus des Seins" - zurück (so der Pressetext).
Stilistisch bewegt die sich nicht anbiedernde, selbstbewusste, partiell von geradezu stolzen Fanfaren geprägte Musik sich zwischen symphonischem Progressive Rock und bretonisch geprägter Folklore. Das komplette Werk ist sehr lyrisch und von zarter Struktur, die Songs strahlen eine große Sanftheit und Melancholie aus. Harter Rock findet nicht ansatzweise statt. Aus zurückhaltenden, wenig instrumentierten Passagen und bombastischen Rocksymphonien sind die Stücke gemacht. Von Songs kann nicht in unbedingt gesprochen werden. Gewiss werden etliche Tracks auch für sich funktionieren, die instrumentalen Passagen jedoch und die Komplexität des ganzen Werkes gehen erst im großen Konzept, dem Gesamtalbum auf. Der größte Anteil der Musik ist stark folkloristisch geprägt, symphonisch bis teilweise ambient gestaltet. Das ist sehr anschaulich und nachvollziehbar komponiert und überzeugt in eleganter Klarheit.
Gewiss werden zuerst Fans des sanften Neoprog Seven Reizh zweites Album bevorzugen, darüber hinaus aber gewiss auch Freunde bretonischer Folklore.
"samsâra" hat Eleganz und Klangschönheit, trägt Rockelemente in sich, ist aber ein erwachsenes, wohl durchdachtes Album, das eindeutig lyrische Klangschönheit vor Rock'n'Roll bevorzugt, wie das oft im Neoprog der Fall ist.
"samsâra" ist über die Webseite der Band oder beim Prog-Händler Eurer Wahl erhältlich.

seven-reizh.com
myspace.com/sevenreizh
VM



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