John Fitz Rogers & Michael Nicolella "Transit" (Gale Recordings)
Michael Nicolella "PUSH" (Gale Recordings)

Bands bestehen zumeist aus drei, vier, fünf Musikern, um die gewünscht-notwendigen Positionen zu besetzen. Bei John Fitz Rogers ist das ganz anders. Statt den Sound natürlicher Instrumente zu nutzen, setzt er sein Computer-betriebenes virtuelles Ensemble ein. Lediglich die Gitarre, ein wirklich schlecht am Computer zu ersetzendes Instrument, wird "echt" eingespielt. "Transit" ist eine epische Komposition, 44 Minuten lang und aus 2 Parts bestehend, die wiederum untergliedert sind. Stilistisch gehört die Musik zum Progressive Rock, wenn sich auch der Sound des Computers in der Elektronik bedient und die Kompositionen an sich weniger songdienlich als vielmehr hochkarätig und ernst anzusehen sind und Parallelen zur Klassik anstreben. Rogers wuchs in den 70ern auf, war aber kein Fan der damals lebendigen Progressive Rock Szene, sondern stieß sich die Hörner an Led Zeppelin, der Steve Miller Band und Jimi Hendrix ab. Aber in seiner Komponisten-Laufbahn schälte sich die symphonische Variante der Rockmusik mit ihrer komplexen Struktur und Virtuosität als sein Ideal hervor. Zugleich ist er inspiriert von Edgar Varése und anderen Neutönern, die aber weniger musikalischer Vergleich sind. "Transit" lebt von der Atmosphäre der elektronischen Computertöne, da werden Keyboards, Bass und Schlagzeug ersetzt und in aufwändig vielschichtiger Komposition eingesetzt. Höhepunkt der CD ist jedoch die Gitarrenarbeit Michael Nicolellas, der sehr viel Raum hat, sich genüsslich auszutoben. Seine Leistung ist schwer beeindruckend, die restlichen "Instrumente" wirken durch sein Spiel lebendiger und wirklicher, was sich jedoch nicht auf Dauer hält. Gewiss kein Werk für Einsteiger, können sich Experten um so eher mit diesem Werk anfreunden, nicht, weil es so gut ist, sondern eigenartig, unkonventionell, und komischer, komplizierter Natur. Leise beginnt das Werk und endet laut und harsch, eine gekonnte Steigerung, die 44 Minuten zu Kurzweiligkeit schrumpfen lässt. Alle Achtung!

"Push", Michael Nicolellas Solowerk (mit einigen wenigen Gästen), ist schon etwas älter. Nicolella spielt Kompositionen von Robert Sierra, Astor Piazolla, John Fitz Rogers, Jimi Hendrix, einigen klassischen Komponisten und eigene Stücke. Die meisten Songs sind mit klassisch-akustischer Gitarre eingespielt worden, dabei beweist Michael Nicolella ein perfektes, sauberes Spiel und große emotionale Hingabe. Die Stücke sind lebendig und virtuos und beeindrucken durch ihre schiere Lässigkeit. Trotz komplizierter Notation kein Problem für Nicolella. "Push" selbst als 4. Stück auf der CD ist eine John Fitz Rogers Komposition für elektrische Gitarre, die klassische Grazilität und harschen Rock verbindet. Das Stück ist mit viel Hall aufgenommen worden und klingt wie das Solo eines Metal-Gitarristen auf der Bühne. Sehr gut gelungen! Die zweite Ausnahme von der rein akustischen Gitarreninterpretation ist das 9. Stück "Bridges", in dem Flöte, eine gigantisch gute Violine und Perkussion zum Zuge kommen und einen fast "echten Rocksong" daraus machen. "Little Wing" von Jimi Hendrix zum Schluss ist sehr introvertiert-melancholisch. "Push" ist ein Album für Gitarristen, die Fingerfertigkeit und Solospiel zu würdigen wissen, die teilweise sehr langen akustischen Gitarrenexkursionen fordern das ein. "Transit" jedoch kann den extravaganten Freaks gefallen.

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