Rite Of Passage „Angels & Demons“ (Wave Records 2014)


Ein ganz besonderer Leckerbissen für die Freunde konzeptioneller Progressive Metal-Alben erwartet den Hörer bei dem Werk „Angels & Demons“. Musikalisch erweist sich das Opus im besten Sinne als Bastard aus den alten Rush, den adoleszenten Dream Theater und den ewig jungen Psychotic Waltz mit einem Sänger, der sich in stimmlicher Hinsicht keine Socken in den Schritt zu stopfen braucht und trotzdem beträchtliche Höhenflüge starten kann, wenn dies angesagt ist. Der gute Mann heißt Bill Quigley und verfügt über eine angeräucherte Stimme, die aber in balladesken Passagen auch zartschmelzend zu tirillieren in der Lage ist. Die instrumentale Abteilung zählt in der zart- und hart-besaiteten Fraktion Kurt Spranger an der Gitarre sowie Jon Martin am Bass. Diese beiden gestandenen Musiker riffen und solieren - es gibt neben vielen Gitarren- auch einige kurze Bass-Soli (mit und ohne Zuschlag) - sich durch jede Untiefe der Kompositionen und sei sie in harmonischer Hinsicht noch so tückisch. Dabei gibt es durchgängig eine ausnehmend gute Bassarbeit von Jon Martin zu hören - wirklich nachahmenswerte Tonsetzkunst am Bottom End. Kurt Spranger glänzt derweil mehrfach mit arabesken Verzierungen, die mich wieder einmal an die genialen Myrath erinnern. (Wann kommt endlich das neue Album???) Justin Valente an den Tasteninstrumenten - neben einigen Keyboards spielte er zumindest im Studio einen echten Flügel - zeigt deutlich, dass er ein klassisch ausgebildeter Pianero ist und schütte(l)t selbst die anspruchsvollsten Arpeggiostrudel ganz locker aus den ob der fingerverzwackten Läufe dennoch schweißgebadeten Handgelenken. Einen einzigen Kritikpunkt gibt es von meiner Seite allerdings zu vermelden: Der Schlagzeuger Robert Barton ist kein Bandmitglied, sondern ein Studiotrommler. Sehr schade, denn so distinguiert und unauffällig auffällig habe ich selten einen Knüppelknecht im Prog Metal-Bereich wirken hören. Der Klangteppich könnte übrigens aufgrund des Surround Sounds kaum transparenter sein, wodurch gewährleistet ist, dass man die differenziert ausgearbeiteten Stücke hervorragend in ihrer gesamten eindringlichen und zugleich eingängigen Komplexität genießen kann. Zu guter Letzt gilt meine Aufmerksamkeit dem Textkonzept, das die Dualität unseres Daseins beschreibt, die sich letzten Endes zwar als Polarität erweist, wenn man den Bereich der (Grob-)Stofflichkeit zu transzendieren in der Lage ist. (Angels & Demons können in diesem Kontext in naturwissenschaftlicher Hinsicht als Energieformen interpretiert werden, die wohlgemerkt sehr unterschiedliche Auswirkungen haben.) Dabei gilt es aber zu beachten, dass Plus und Minus im Bereich der Materie nicht immer Null ergibt, weil auf dem „Spielfeld“ unserer Existenz nicht per se ein Gleichgewicht der Kräfte existiert, wie dies manche selbsternannten Esoteriker gerne glauben machen möchten. Darüber hinaus sollte das Zitat „Das Gegenteil von gut ist nicht böse, sondern gut gemeint“ von Bert Brecht jeden denkfähigen Zeitgenossen lassen grübeln, wie (und wer) das denn nun sei mit all den Übeln. Um auf den Bewusstseinsberg und damit wirklich zu sich kommen zu können, muss man zwingend die eigenen Schattentäler durchwandert haben. Erkennt man die Hinweisschilder zu diesen Tälern nicht (an), so befindet man sich schnell auf Ab(wärts)wegen, die sogar in die vermeintliche Sackgasse einer schweren Krankheit münden können... Bitte mehr Kino für die Ohren von dieser Qualität!!!

riteofpassageband.com

Frank Bender




Zurück