Recreator "Solar Sahara" (FMR Records 2001)

Schamanen-Jazz, gibt es so was tatsächlich? Aber klar doch!!! Bezeichnenderweise heißt das erste Stück dieser CD denn auch "Ancestral Space" und klingt als hätten sich diverse Welt(en)reisende zu einer Session verabredet. Das moderne Schamanentrio, das hier Klangreisen in andere Sphären unternimmt, setzt sich zusammen aus Theo Travis, ein äußerst begabter Saxophonist und Flötist, der sich im Jazz bereits einige Sporen verdiente und auch Proggern von The Tangent bekannt sein dürfte, Steve Hubback, der seine Instrumente - Becken, Gongs und Klangskulpturen - selbst herstellt und Nick Le Beat (Wenn das kein glücklich gewählter Nick-Name ist, fress ich nen Jazzbesen!), der Keyboards und Electronics bedient. Direkt Vergleichbares habe ich bisher noch nicht gehört, denn diese Musik hat einerseits sehr lyrische und zugleich avantgardistische Momente, etwa wenn Mr. Travis auf die "Tuba" drückt, dass alles zu schön ist, könnte andererseits aber auch in Disco-Lounges laufen, so cool und groovy ist sie stellenweise. Die mit asiatischen klingenden Gong- und Flötentönen (die gelegentlich an die Soloalben von Ian Anderson erinnern) unterlegten, weitgehend ostinaten Rhythmen sind in der Tat geeignet tranceartige Zustände zu erzeugen, was einmal mehr beweist, dass Musik die beste (weil nebenwirkungsfreie) Droge ist, bieten aber auch die Möglichkeit eines konzentrierten Zuhörens. Archaische Geräuschkulissen treffen auf postmoderne Sounds und verschmelzen zu einem Klanggemälde, das Worldmusicfreaks, Jazzfreunde und Technojünger sich in die Arme fallen lässt. (Schon mal was vom so genannten Per-Kuss-Ion gehört?) Echter musikalischer Fortschritt liegt eben eher in einem ganz bewusst unternommenen kulturgeschichtlichen Rückschritt begründet als in ewigem Kopierdilettantismus, bei dem die Jagdgründe der 70er Jahre hemmungslos ausgeschlachtet werden, das sollten sich etliche Anhänger einer Stilrichtung, die eigentlich Regressive Rock heißen müsste, in Form des folgenden fränkischen Sprichwortes hinter bzw. in die Ohren gravieren lassen: "Non progredi est regredi, sed regressus progressum et progressus regressum nonnumquam est."

fmr-records.com

Frank Bender



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