Quidam "SuREvival" (Rock-Serwis Publishing 2005)

Die polnische Progressive Rock Band Quidam wurde 1991 gegründet. Die Band spielte damals unter dem Namen Deep River Hardrock und Blues. Als Ewa Smarzynska (fl) in die Band kam, brachte sie Einflüsse mit, die sie in der Band durchzusetzen wusste. Der Stil der Kompositionen und Arrangements änderte sich vollkommen und schlagartig. Bis heute sind diese neuen Einflüsse in den Songs der Band auszumachen: Camel, frühe King Crimson, Genesis, Pink Floyd - die Klassiker des Symphonic Rock.
Bevor die Band zu einer Reihe erfolgreicher Konzerte innerhalb Europas und diverser Gewinne in Prog Polls aufbrach, veröffentlichte die Band 1996 ihr viel beachtetes Debüt. Quidam heimste stetig Erfolge ein. Die Qualität der Kompositionen, das technische Vermögen als Instrumentalisten, die Gesangsleistungen und Arrangements brachten Quidam viel Beachtung, internationalen Erfolg und Konzerteinladungen ein.
Die Band tourte später mehrfach mit Colin Bass durch Polen, veröffentlichte nach der CDS "Moje Anioly" 1998 die zweite Komplettproduktion "Sny Aniolów", auch in englischer Fassung als "Angel's Dream", wurde zum mexikanischen Prog-Festival Baja Prog eingeladen, was 1999 auf der CD "Baja Prog - Live in Mexiko '99" festgehalten wurde.
In der Folge gab es einige Umbesetzungen, auch Ewa Smarzynska, die den Stil der Band entscheidend geprägt hatte, stieg aus. Doch neue Mitglieder konnten die Qualität halten und steigern, so dass Quidam mit dem weiteren Album "The Time Beneath The Sky" weitere Erfolge feierten.
Seit Mai 2004 schrieben und probten Quidam Material für ein neues Album. Nachdem sie die Stücke als professionelles Demo eingespielt hatten, gingen sie ab dem 6. Februar 2005 ins Studio, um die 7 Songs für "SuREvival" neu einzuspielen.
Und jetzt liegt das Album als fertiges Produkt vor. Eingespielt in der Besetzung Zbyszek Florek (key), Maciek Meller (g, back-voc), Bartek Kossowicz (voc), Mariusz Ziolkowski (b), Maciek Wróblewski (dr, perc) und Jacek Zasada (fl) mit den Gästen Robert "Myca" Kowalski (back-voc), Grzegorz Nadolny (double-b) und Pawel "DJ Paulo" Molena (scratch in "Queen of Moulin Rouge") ist der begnadeten Band wieder einmal ein außergewöhnliches Album gelungen.
Die polnische Progszene hat sich einen guten Ruf im lyrischen Neoprog gemacht. Quidam setzen auch auf lyrische, melancholische, teilweise zarte Arrangements, die aber kraftvoll und hart ausbrechen können. Zumeist jedoch sind die Songs sehr harmonisch und leise. Warme Keyboardfiguren, akustische und elektrische Gitarren bestimmen das melodische Geschehen, während Schlagzeug und Bass einen hinreißend virtuosen Rhythmus flechten. Vor allem das melodisch kaum greifbare Bassspiel von Mariusz Ziolkowski ist ungemein beeindruckend und ein großer Teil der harmonischen Kraft der einzelnen Songs.
Jacek Zasada setzt mit dem klaren, hellen Klang seiner Flöte solistische Akzente, eine weitere faszinierende Facette in fast allen Songs der CD. Nach dem knapp 2-minütigen Opener "Airing", der lautmalerisch in die quidamsche Stimmung einführt, beginnt "Hands Off", das in fast schon progmetallische Härte abhebt, um die Tiefen der Stille umso intensiver auszuloten. Das wird im Titeltrack später ähnlich fortgesetzt.
"Not So Close" hat eine folkloristische Note, die Lyrik und Liedhaftigkeit des Stückes wird von akustischem Instrumentarium getragen, das von Keyboards leicht illuminiert wird. "The Fifth Season" birgt das interessanteste Bassspiel. Der fast schon jazzige Song lebt von Piano und akustischer Gitarre, den melodischen Facetten der grandiosen Bassarbeit und einem knochentrockenen Schlagzeugklang weit über 9 Minuten lang.
"Queen of Moulin Rouge" hat wieder eine leicht jazzige Note, versprüht aber auch psychedelische Qualitäten und entpuppt sich später als fluffiges, schwer romantisches Popstückchen. Die tiefste Ruhe, die versponnendsten, träumerischsten Motive aber leben im quirligen, zauberhaften "Everything's Ended", das über 13 Minuten die Chance gibt, jeder Realität zu entfliehen. Allein schon die letzten 3 Minuten des Stückes sind grandios. Modern, kein bisschen oberflächlich oder kitschig, sondern von warmer, wunderbarer Intensität.
Ebenso beeindruckend wie die Musik ist das Booklet zur CD. Die Abbildung der Grande Dame auf dem Cover und die romantischen Motive im Heft sprechen dieselbe Sprache wie die Songs. Das ist nicht einfach Neoprog der herkömmlichen Art, wie es vor allem aus England kommt, sondern tief empfundene Musik mit innerer Ruhe und heftig aufwühlenden Emotionen. Quidam ordnen sich nicht einem Stil unter, sondern prägen und beleben ihn umwerfend. Das ist gelungener Neoprog.

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