Proud Peasant "Flight" (Basement Avatar Records 2014)


Klez-Progger mit Bach-Trompeten und Vox Humana-Passagen feiern zusammen mit vielen Gästen nach Mariachi-Art, so könnte die Direktive der texanischen Band Proud Peasant lauten. Frei nach Benjamin Franklin gilt: "In this world nothing can be said to be certain, except death and Texas." Sicher ist in diesem Zusammenhang nicht nur, dass einst um ein Haar deutsch die Amtssprache im Staate Texas geworden wäre, sondern außerdem, dass aus dieser Region Nordamerikas viele superbe Bands kommen; es sei an dieser Stelle nur an Watchtower erinnert. Mit einer solchen musikalischen Ausrichtung haben die Mannen um den Kopf der Band, Xander Rapstine (Gitarre, Mandoline, Ukulele, Melodika, Glockenspiel, Percussion) - David Hobizal (Schlagzeug), Jay Allen (Keyboards), Kyle Robarge (Bass) und Mark Poitras (Keyboards und Gitarre) - allerdings rein gar nichts zu tun; sie zelebrieren einen fast ausschließlich instrumental gehaltenen Mix aus Styx (Boat On The River-Charme), Mike Oldfieldschem Impetus und einem elegischem Wind Band-Gezwitscher mit Charlie Parker als Ober-Motz, gepaart mit fast schon hardrockigen Momenten. Das Ganze klingt vielleicht wie King Crimson auf einer Kaffeefahrt zur obligatorischen Heizdecken-Party; dies meine ich absolut positiv, da man mit der Frippschen Musik der Mittel- und Spät-Phase noch immer Schönklanggeistern gleich reihenweise einen Schock fürs Leben versetzen kann und dies nicht nur, wenn das Heizdeckenkabel defekt ist. Würde Reinhard Mey, sich einer E-Gitarre bedienend, in einer Prog Band spielen und währenddessen abgesehen von einigen Summern die Klappe halten, würde möglicherweise ähnliche Musik dabei entstehen. Proud Peasant spielen weder Neo noch Retro Prog, sondern komponieren zeitlose Klänge, die mit unterschiedlichen Tempi und Stimmungen versehen sind. Detailliert ausgearbeitet hört man sich Gefühle wie Freude (zu Beginn der Kaffeefahrt), Spannung (Welche Heizdecken-Modelle bekommt man diesmal wohl präsentiert?) und Verärgerung (auf der Nachhausefahrt) abwechseln. Dem Entschluss, nie wieder eine Kaffeefahrt mitzumachen, folgt schon bald die Anmeldung für eine weitere dieser Fahrten ins Blaue und wenn man "blau" nicht als Farbe, sondern vielmehr als Bewusstseinszustand betrachtet, lässt sich für manchen Kaffeefahrten-Freak sogar nahezu jegliches Fehlen einer Sinnmitte ertragen. Die fehlende verbale Botschaft in der Musik Proud Peasants indes erweist als absolut segensreich, kann der Geist doch beim Hören dieser Klänge Ausflüge ins Grüne unternehmen - flugs habe ich eine weitere musikalische Schublade geöffnet: Der Psychedelic Pastoral Prog ist geboren, denn hier winkt die grüne Fee hinter jeder Hecke, sogar in (ab)sinn(th)losen Zeiten. Die fünfundvierzig Minuten dieses Albums vergehen jedenfalls wie im Flug und ich hoffe auf einen baldigen "Neu-Start", sprich ein weiteres Album dieser äußerst originellen Band.

proudpeasant.com
Frank Bender




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