Piel De Pueblo "Rock de las Heridas" (Disc Jockey 1972, Viajero Inmovil 2005)

Piel De Pueblo wurde Anfang der 70er Jahre von einem der Pioniere argentinischer Rockmusik gegründet. Pajarito Zaguri (g, voc) hatte zuvor in Los Beatniks und La Barra de Chocolate gespielt. Nacho Smilari (g), Willy Pedemonte (b, p, voc) und Carlos Calagró (dr) ergänzten das Line-Up der kurzlebigen Band. Héctor Lopez Furst spielte in zwei Songs elektrische Violine.
"Rock de las Heridas" ist ein wildes Heavy Rock Album, ein Klassiker der argentinischen Rockmusik. Besonders eindrucksvoll ist das solistische Gitarrenspiel des furiosen Nacho Smilari, der ohne Rücksicht auf Verluste mördert, was das Zeug hält. Die Kompositionen an sich sind nicht unbedingt der Hit, die Arrangements haben Schwächen. So tacktet das Schlagzeug im eröffnenden "Silencio Para Un Pueblo Dormido" erlahmend gegen den Strich, wer sich das ausgedacht hat, stammt vom Mars oder einem anderen unmusikalischen Ort.
Es geht heavy wie verrückt zu, und so ist eine dezente Spur von Black Sabbath nicht zu überhören. Die Band übernimmt Bluesrock, was Schlagzeuger Carlos Calabró, der gewiss in Eigenregie das Schlagzeugspielen erlernte und irgendwie nicht so recht zu wissen scheint, was Taktgefühl und Dynamik sind, in seltsamen Breaks zerhackstückt. Nachos Gitarre gewinnt alle Kriege, Willy Pedemontes Bass (Piano spielt er nur in einem Track) ackert sich durch virtuose Jazzharmonien, während Sänger Pajarito Zaguri mit der Rhythmusgitarre die Songs am Laufen hält. Die Sologitarre ist noch voll aktiv, wenn die Songs ausklingen, rockt sich gewalttätig durch die unterhaltsam anstrengenden Songstrukturen und hält nichts von 3 Minuten. Jedoch ist das Gros der 8 Songs kurz. Ein 9-Minüter und ein 6-Minüter geben der Gitarre mehr solistischen Raum, den auch der Bass nutzt, sich in komplexen Jazzgefilden auszutoben. Das Schlagzeugspiel ist insgesamt verdorben, jedoch, woher hat er das, kann Carlos im längsten "La Tierra En 998 Pedazos" plötzlich wie ein Kaputter heavy Swing knüppeln. Hat was!
Wenn "Sexo Galáctico" der seltsamste und kaputteste Song der Band ist, so ist "Jugando A Las Palabras" eindeutig das verrückteste, wildeste, ausgeflippteste und härteste Stück der LP/CD. Die Komposition ist eine schlichte Natur, doch wie Piel De Pueblo sich darin hart rockend austoben, muss gehört werden. Eine geradezu dämonische Energie entfaltet das liedhafte Stück im instrumental ausschöpfenden Bereich, selbst mit der vertackteten Konter-Arbeit am Drumset. Das hätte ich gern live gehört.
"Rock De Las Heridas" ist ein feuchter Traum für Fans des frühen Heavy Rock, seine Eigenarten und Fehler machen die Platte nur interessanter. Der Zeitgeist hat mir enorm zugesagt. Da gibt es nichts als hart rocken und das mit Jazz und Blues im Blut, und wenn es komplex wird, umso besser. Na gut, letzteres findet hier nur marginal statt.

viajeroinmovil.com
VM



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