Phono One "born too late" (Eigenproduktion 2008)

"born too late"? Never! Sonst könnten wir diesen gut abgehangenen Retrohammersound heute nicht hören! Phono One sind in Bergen auf der Insel Rügen zuhause, zumindest ein Gesicht auf dem Backcover ist mir bekannt, die waren gewiss mit dem Fahrrad schon mal in Stralsund unterwegs und ich stand im Weg.
Nicht nur skandinavische Nachwuchsbands spielen heute exquisiten und fett rockenden, moderne Einflüsse komplett ignorierenden Retrohardrock. So ein bisschen was von der skandinavischen Luft ist zu Deutschlands größter Insel rübergeschwappt und hat ein paar Jungs infiziert. Christian (org), Nils (b), Steffen (g) und Fiete (dr) prügeln sich die Seele aus dem Leib. Das wird gewiss auch live gut kommen, das Auditorium kann sich Zähne locker tanzen und Mähne bzw. Restmähne schütteln, halt Spaß haben.
Einflüsse sind Deep Purple, Uriah Heep und Birth Control, die Band nennt daneben Led Zeppelin und Black Sabbath. Die 8 kurzen Songs, die es zusammen auf knapp 30 Minuten bringen, lassen die Schweineorgel beben. Bluesbetonte, schwer wummernde Soli mauert Christian in die Songs ein. Steffen spielt mal melodie-, dann riffbetont. Da steckt noch ein wenig Metal im Hardrocknacken. Seine Soli sind hingegen völlig retro, sehr flüssig, hart und schnell. Nils hält der Band den Boden frei und setzt mit melodischem Spiel die dunkle Basis fest, auf der Fiete locker und differenziert trommelt.
Die Songs sind relativ straight, gehen gut ins Ohr, haben aber auch genug Ecken und Kanten, um dauerhaft zu überzeugen.
Ich bin etwas irritiert, dass die Tracks mit 2 bis 3 Minuten so kurz sind. Wie oft ich sie jedoch höre, es fehlt nichts. Soli und instrumentaler Aufbau sind ganz und rund ausgeprägt. Möglicher Weise bastelt die Truppe live längere Instrumentalfreakigkeit ein, wie das etwa Ginger tun, die artverwandt musizieren, ihre Songs jedoch über 10 Minuten ausdehnen. Ein weiteres besonderes Merkmal ist der teutonische Einfluss. Die Songs stampfen schwer, haben rhythmische Finesse und nehmen sich Zeit für Pausen zwischen den unisonokrachenden Instrumentalexplosionen. Doch wie schon im Früh-Siebziger Krautrock, etwa Birth Control, klingt so ein Quäntchen Marschmusik durch. Das bringen nur Bands, die auf deutschem Boden gewachsen, und nicht von jazziger Komplexität getrieben sind. Der Klang der Aufnahme ist gut und transparent, voll und klar, die Songs wohl gelungen. Ganz klar, woher Phono One den Antrieb für diesen fetten, schweren, gut abgehenden Sound her haben: "Rock'n'Roll is my motor". Wie gut!

phonoone.de
VM



Zurück