Periferic 2004 - Symphonic Art-Rock From Hungary (Periferic Records 2005)

Über 75 Minuten lang ist der Sampler des ungarischen Labels Periferic Records, der sich vor allem mit dem jüngeren Material des einzigen ungarischen Proglabels beschäftigt und 12 Songs präsentiert. Und so viele Bands und Projekte vorgestellt werden, so vielschichtig ist die CD auch. Dennoch ist ein ganz konkreter Zug in der ungarischen Szene festzustellen. So scharf die Peperoni sind, die in Ungarn gegessen werden, so sanft und lyrisch ist oft ihre Vorstellung von Musik.
5 der Songs sind bisher nicht veröffentlicht worden, beziehungsweise folgen auf zukünftigen CDs. Den Auftakt macht Erdész Róbert mit einem symphonischen Stück, das einen Tick ins Spacige hat und diverse Popelemente einflicht. Musical Witchcraft folgen entspannt und folkloristisch, der Flötist von Solaris bestimmt den Sound des Songs. Der Klang von Geigen und akustischen Instrumenten umweht die lyrischen Motive; sehr zart und dennoch dynamisch, die leise Melodie. Solaris sind mit einer Live Aufzeichnung eines ihrer frühesten Stücke dabei. Demnächst veröffentlichen Periferic Records Archive II der Band, wo allerlei Songs enthalten sein werden, die klanglich zwar nicht unbedingt erste Wahl sind, die musikalisch aber umso mehr überzeugen, so wie der hier präsentierte, leider sehr kurze Ausschnitt. Fédra ist eine junge Band, die Progressive Rock sehr melodisch und etwas härter spielt, als viele ihrer Landsleute. "Vudu" ist verträumt, aber sehr spannungsreich, als braucht es nur ein Staubkorn, den Track zum Explodieren zu bringen.
D Sound sind mit "Fény" dabei, dem vokalen Popsong ihrer neuen elegischen Symphonic Scheibe. Korai Öröm sind gewiss die Sperrspitze psychedelischer Worldmusic auf Rockinstrumentarium. Hier vergraben sie sich tief in zarte Verschmelzungen ethnischen und elektrischen Klanges. Mindflowers stehen für Jazzprog und präsentieren schon mal einen Track vom kommenden Album. Fabelhaft virtuos und schön heavy der Song, die Platte wirft große Schatten voraus. Kada mit ihrer Mischung aus crimsoneskem Rock und Miles Davis Anklängen spielen den "Blues For Gabor" ihrer jüngsten Platte. Ein weiteres versponnenes, lyrisches Stück Musik. Vedres Csaba, der ehemalige After Crying Komponist, ist mit einer Miniatur aus seinem letzten Piano Soloalbum dabei. Wie dahingehaucht und immer noch mit der After Crying Note, warum nur musste der Mann diese Band verlassen?
Riz Levente arbeitete für sein Album klassische Strukturen und symphonischen Rock aus und bringt seine Songs liedhaft und grandios gesungen ein. Schönes Teil, bei dem man das Cello von Pejtsik Péter von After Crying hören kann. Die CD ist jüngst veröffentlicht worden und sehr zu empfehlen. Das Fugato Orchestra ist eine Besonderheit insgesamt. Die Teens und Twens spielen klassische Instrumente, dazu gibt es elektrische Gitarre, Bass und Schlagzeug. Arrangiert sind die Eigenkompositionen des Leaders des Orchesters wie Rock, so dass der große Klangkörper authentische symphonische Melodien spielt, die ungewöhnlich verrockt sind.
Zum Schluss kommt DIE Band des Labels. After Crying sind ohne Frage eine Säule im symphonischen Progressive Rock heutiger Zeit überhaupt, längst nicht nur für Ungarn oder Europa, sondern für die ganze Welt. Die begnadete Gruppe ist mit einem 15-minütigen Ausschnitt ihres letzten Albums After Crying Show vertreten. Und das ist der grandiose Höhepunkt der CD, stilistisch nicht zu fassen in der breiten Facettenvielfalt.
"Silence is the new loud" las ich jüngst auf einem CD Cover. Das Motto kann für diese CD und das Gros des Periferic Programms gelten. Die Ausnahmen, wie After Crying oder Mindflowers, bestätigen das nur. Die CD ist absolut empfehlenswert. Der nette Querschnitt zeigt die stilistische Breite der ungarischen Progszene und macht Lust auf komplette Alben der vertretenen Künstler.

perifericrecords.com
VM



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