Parallel or 90 Degrees "A Can of Worms" (ProgRock Records 2009)

Andy Tillison und Sam Baine - bevor das Pärchen das Projekt The Tangent aus der Taufe hob und damit erfolgreich wurde, hatte es das Bandprojekt Parallel or 90 Degrees gegründet und unterhalten - begannen ihre Zusammenarbeit als Duo. Die beiden ersten Alben des Duos, eines im Studio, das andere live aufgenommen, sind reine Keyboardalben. Erst "The Corner of my Rooms", wie das zweite Duoalbum 1996 aufgenommen, war eine Bandproduktion. Als fünfköpfiges Ensemble starteten Parallel or 90 Degrees neu durch und spielten fünf weitere Alben ein. Die letzten Aufnahmen unter diesem Bandnamen wurden nicht mehr veröffentlicht. Die Kompositionen sind teilweise in Songs der neuen The Tangent eingeflossen - oder hier so zu hören, so wie sie zuerst gedacht waren.
"A Can of Worms" sammelt auf 15 Aufnahmen Parallel or 90 Degrees' auf zwei CDs. Auf CD1 sind bis auf das neunminütige "Blues For Lear", das mit Roine Stolt an Gitarre und Mikro aufgenommen wurde, nur Songs enthalten, die auch auf den CDs der Band zu finden sind. CD2 hingegen enthält neben bereits auf CD veröffentlichten Songs drei Bandkompositionen, die das erste Mal offiziell zu hören sind.
"Four Egos One War" (20:14), "Fadge Part One" (3:13), "A Kick In The Teeth" (6:44) und "Unforgiving Skies" (9:04) sind die im Jahr 2002 aufgenommenen Songs, die wegen der Gründung von The Tangent nicht mehr für Publikum auf Konserve angeboten wurden. Das Album hätte "A Kick In The Teeth for Civic Pride" heißen sollen. Es kam anders.
Im Booklet ist ein launiger Kommentar zur Geschichte der Band nachzulesen. Andy Tillison, der nunmehr ohne Sam Baine arbeitet - es wird sich zeigen, wie es mit The Tangent weiter geht - hat quasi alles, was Parallel or 90 Degrees je eingespielt hatten, selbst komponiert. Die Bandbesetzung hat etliche Male gewechselt, so waren vier Gitaristen, zwei Drummer und zwei Bassisten im Laufe der Jahre in der Band.
So wechselhaft die Besetzung, so stilsicher die Band. Tillisons Stimme und sein Keyboardspiel (sowie das von Sam Baine) sind ausdrucksstark, haben einen deutlichen, unverwechselbaren Eigenklang. Die Besonderheit des Symphonic Progressive Rock typisch britischer Spielart ist die stete Nutzung des elektronischen Schlagzeuges. Zwar wird das Schlagzeug in jedem Song von einem "echten" Schlagzeuger gespielt und nichts ist programmiert, aber der plätschernde Sound, der in den Achtzigern gewollt die Popmusik bestimmt hat und auf digitale Aufnahmetechniken zurückführt, ist auch hier zu hören. Ansonsten hat der Rhythmus keinen Vergleich zu den Achtzigern oder zu dessen beschissener, mit Verlaub, Popmusik.
Wer die Band kennt und mag, die CDs hat, muss nun überlegen, ob die rund 48 Minuten weiteres Material die Anschaffung der 2CD wert sind. Wer die Band nicht kennt und The Tangent mag, dem sei diese Produktion als quasi Best-of empfohlen.

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VM



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