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Panzerballett "Hart genossen von Abba bis Zappa" (The Act Company, VÖ: 28.08.2009)
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Da sind sie wieder, die abgekrassten Panzerinas. Und der Stoff, den sie mitbringen, will "hart genossen" werden, bietet rocklexikalisch von Abba bis Zappa einige feine Überraschungen und beginnt mit dem TürinsHausFall so schick, dass nur zu seufzen bleibt, die Musikanlage auf doppelt laut gestellt gehört und der Tee fein durchgezogen sein muss.
"The Simpsons" belagern die Krawallbude in Panzerballett-typisch (kann das schon gesagt werden, "typisch"? - die Jungs haben just erst ihr drittes Album vorgelegt - kann! Panzerballett haben ihren Sound, und der ist kaum zu verwechseln mit Meshuggah, Michael Jackson oder Miles Davis) verkrasster Komplexfrakturhochrechnung. 6 Minuten, gefühlt die Hälfte, gleich noch mal. "Hart genossen von Abba bis Zappa" hat keine Zehrfeld-Komposition drauf. Oder doch? Zwar hat der Plastiklanghaarträger keinen der Songs in seiner Ursuppenform geschrieben, aber alle zehrfeldisiert, entoriginalisiert, frakturisiert, in seine Jazz-Metal-Sicht getunkt und damit zu eigener Komposition gemacht.
Einzige Komposition, die nicht von weiter weg stammt, ist Martin Mayrhofers "Bild Wild Web", der neben seiner Saitenarbeit in Panzerballett eigene schizofrantike Songs schreibt. Sonst sind da schicke Teile von Klaus Doldinger, Rammstein, Abba, Okan Ersan (der als Gastgitarrist die achteinhalb vertrackten Jazzrock-Minuten in "The Mediterranean Breeze" bestimmt, während die ihn dabei begleitenden Panzerballettisten entkrasste Jazzprogkomplexe zum Besten geben), A. Lind, Frank Zappa und, Furcht!, Ralph Siegel. Jessas Mara'n Joseph! Was hat Herr Zehrfeld sich dabei nur gedacht!?!
Zehrfelds Doldinger: Klasse! Ausgezeichnete Sezierung & Vertrackterisierung. Der passportsche, kompositionsträchtige Genialjazz(rock)er hat es nicht nehmen lassen, auch gleich ein eigenes, sattes Saxophonsolo beizutragen.
"Mein Teil" im Anschluss war mir erst etwas komisch, ich hatte frigide Gefühle, bis der Song dran war und die Sorge erlosch. Nicht nur, aber vor allem wegen des Gesanges der begnadeten Stimmdiva Conny Kreitmeier, die bereits auf dem Vorgänger "Starke Stücke" in dem grandiosen "Zickenterror" zu hören war, und hier mal wieder die, mit Verlaub, Sau raus lässt. Was für eine Stimme, was für ein Ausdruck, und nix schüchtern dabei. Wird gewiss ein fester Bestandteil in der Panzerballett-Karriere, die da über viele Jahre noch kommen darf und muss.
"Gimme, Gimme, Gimme" ist nicht schlecht, sondern gut. Schick vertracktet und das Thema mit Seidengitarrenfingern streichelnd. Gar eine Verneigung vor dem eingängigen Motiv!
"Kulturzeit" ist ganz anders als und doch wie genanntes "TheMediterranean Breeze" ein rasantes Stück Brachialmusik. Krass, um es kurz zu sagen.
Dann kommt das Leid.
Gewiss, es geht, das "Ein bisschen Frieden", und doch habe ich Ekelgefühl und erhöhte Berührungsangst. Vor allem geht es, weil die schick deftige Kreitmeier-Stimme den originalen Text auf verschobener Melodielinie mit panzerballettbegleiteten, veränderten Arrangements und, klar, anderem Instrumentarium definiert. Zuerst akustische Gitarre, aua, aber dann wird es gut. Die Dame singt doppelt schnell, in einer rassigen Rhythmuskantigkeit, die allerfeinstens ist. Und schließlich wird es panzerballetistisch gar und ganz. Mist, den Männerchor habe ich noch gar nicht erwähnt. Nicht erst hier singen die Jungs den Background im Chor, erst wie im Männerchor aus dem Jahr 1932, Seemannsgarnnostalgie, dann urplötzlich laut, hart aufbrechend, schließlich wieder schunkelig entspannt. Schon "Mein Teil" ist damit gesegnet, und das Arrangement ist verblüffend und nett witzig!
Gefällt mir allerfeinstens.
Also, ein bisschen Frieden geht, wird durch Panzerballett rehabilitiert, bleibt jedoch die Frage, ob die Komposition die Rehabilitation wert ist!?! Ist auf der Platte, damit der nachfolgende Krieg (Song) Ruhe (von wegen Ruhe) vor dem Sturm hat. Panzerballett entlarven die Naivität des Textes und der Komposition in ihrer thematischen Zerstörung und Dekonstruktion, das hilft, die Nummer, deren originales Vorbild (Vorbild?) auf Grund leidlicher Erfahrungen ja doch irgendwie durch den Hinterkopf zuckelt, zu ertragen.
"Weary Eyes" stammt aus der Feder des mit Panzerballett befreundeten Schlagzeugers Andy Lind, der hier Jazzfunk, Jazz und Meshuggah-Metal illuster verquickt, als machten das alle so, auch Außenminister und frigide, selbsternannte Musikkritiker. Der Track ist einer der 11 besten auf der CD, einfach nur schick wie die vergnügliche Lektüre eines Titanic-Magazins.
Jan Zehrfeld war kein echter Zappa-Kenner. Das war in Panzerballett nur Martin Mayrhofer. Nach dem einschlagenden Szeneerfolg und damit einhergehenden Konzerten auf Szenebühnen wie der Zappanale oder dem würzburgschen Freakshow Artrock Festival kennt er sich nun besser aus. Gut so.
Zwei Zappa-Medleys beenden die CD. Das erste ist dreieinhalb Minuten lang, gefühlt keine Minute, ein Wahnsinn, die wahnsinnigen Wahnsinnsoriginalkompositionen noch einmal verwahnsinnigt zu hören. Echt wahnsinnig krass!
Und dann kommt Zappa-Medley Numero zwo. Acht Minuten lang, von Mayrhofer gesungen, wo ich mir nicht immer sicher bin, ob ich krumm höre oder der Gesang an seiner komponierten Linie leidet. Gute Stimme, die mächtig singen kann, doch zu tun hat, melodisch gegen die jazzveränderte instrumentale Begleitung anzukommen, beziehungsweise ohne diese sie nix unterstützende. Zappa hat krass komponiert, Zehrfeld hat das Notengefüge, nur so aus Spaß, völlig, es muss noch einmal gesagt werden, welches Wort bei dieser Kapelle denn sonst, verkrasst.
Ist die Band ein wenig braver geworden? Es schauen und hören plötzlich so viele zu! Aber nix da, alles ist deftig und radikal rasant. Manches, wie der Gastbeitrag von Okan Ersan, ist verinnerlichter, zurückgenommener, andere, vertrackte Jazzrock-Qualitäten probierend. Braver? No!
Jedes Jahr werden wir jetzt von der Band eine neue Platte bekommen, wenn die Hoffnung nicht trügt. Und Conny Kreitmeier bleibt der Band und ihrer Stimme treu. Und die Band ihrem Krassizismus.
"Arf" she said!
panzerballett.de
VM
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