Alessandro Palmitessa "soul circles" (EGPrecords 2007)

Der in Köln lebende italienische Komponist und Saxophonist Alessandro Palmitessa ist nicht nur durch das von ihm initiierte Menschen Sinfonie Orchester in die Schlagzeilen geraten, das er mit obdachlosen und obdachhabenden Menschen betreibt und das nicht nur Sympathiewerte, sondern auch musikalische Kraft und Intensivität vermittelt. Seine Vielseitigkeit und musikalischen Grenzensprünge offenbaren den Jazzer als lustvollen Musiker über den eigenen Horizont hinaus. Die Zusammenarbeit mit divers interessierten und orientierten Musiker, weit über landläufige Stilgrenzen hinaus, so mit der japanischen Avant Bigband Shibuza Shirazu, der Band PEM, dem Trompeter Lewis Barnes, seiner eigenen Band Noizland, Markus Stockhausen und Helmut Zerlett sowie den kölschen Musikern Klaus der Geiger und Stefan Brings offenbart nicht nur einen fibrig nach neuem Klang suchenden Saxophonisten und Klarinettisten, sondern überhaupt die auch heute noch mögliche Experimentierlust, eigenwillige, virtuose Musik jenseits populärer Ideenlosigkeit einem Publikum zu präsentieren.
Auf "soul circus" wird Alessandro Palmitessa nur vom Gitarristen Cosimo Erario begleitet, und das auch nur in 4 von 11 Tracks. Palmitessa spielt Saxophone, Klarinette, Perkussion, bedient die Elektronik und steht für alle weiteren Instrumente, die partiell zum Einsatz kommen, wie etwa Akkordeon.
Oftmals haben seine Stücke eine minimalistische Jazz-Architektur, fast schon mit der Leichtigkeit von Barmusik. Sprudelnd sich ergießende Harmoniefolgen, keine Weichzeichnung, aber lyrische Lieblichkeit, drücken in aller Melancholie doch forsche und witzige Kraft und Vitalität aus. In der Epik der Themen gibt es hier und dort eine Zuwendung zu tonal schrägen Motiven in der improvisativen Ausarbeitung.
Wenn Palmitessa Klarinette spielt, sind nicht nur die Laute des Instrumentes, ist auch sein Spiel an sich weicher, wärmer, vermittelt sich eine lyrische Klezmer-Note, deren virtuoses Spiel Emotionen nachdenklich/fröhlich in einem Ton beschreibt.
Akkordeon und Saxophon bringen italienisches Folklore-Flair zu Gehör und streichen über asiatische Klangbilder. Impressionistische Stücke, etwa "Cala Verde" oder "Die Zeit der Kirschen", mäandern durch sphärisch-rockige Ambient-Gefilde. Stets ist diese besondere nachdenklich-lyrisch-verspielte, zarte, leichte Note angenehm zu hören, die beschwingt durch das ganze Album streicht.
"soul circus" ist ein eher stilles Album, das zumeist von ambienten Saxophon-Tönen lebt, sich aber nicht scheut, gegen die Stille anzugehen und laute, aufregende und virtuose Sounds zu präsentieren. Dann kratzt die elektrische Gitarre den Grund auf und die ungewöhnlichen Arrangements reißen jede Idee von Sentimentalität ein. Lässiges Album!

palmitessa.de
VM



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