Pain of Salvation "Be Live" (Inside Out, 21.03.2005)

2004 wurde Pain of Salvation's Konzeptwerk "Be" auf CD veröffentlicht. Jetzt folgt die Liveversion als DVD/CD-Set, die Pain of Salvation bereits im September 2003 mit dem 9-köpfigen Orchestra of Eternity im Lokomotivet im bandheimischen Eskilstuna, Schweden, eingespielt haben. Die Idee des Werkes, schon auf der CD anhand des umfangreichen Booklets gut nachvollziehbar, vermittelt sich in der Bildsprache der DVD vielfach mehr. Die Band und allen voran Autor und Komponist Daniel Gildenlöw hat keinen Aufwand gescheut. "Be Live" ist nicht einfach ein Konzert, sondern eine völlig in den Bann ziehende und bildgewaltige Performance. Keine Rockoper, kein Musical. "Be" hat ein anderes Format.
Die sehr sinnliche, gefühlstiefe Musik hat eine entsprechende bildliche Ergänzung gefunden. Die zweite Hälfte des Set-Booklets ist voll von Namen der Leute, die in die Live-Umsetzung involviert waren. Ein großer Apparat ist ins Laufen gebracht worden. Ist die Story das wert?
Unbedingt. "Be" beschäftigt sich kritisch mit dem Sein. Es geht um Sinnleere, Sinnsuche, Geld & Macht, Gott, Menschen, Leben. Die erste Hälfte des Set-Booklets scheint oberflächlich betrachtet eine schwierige, etwas kopflastige Story wiederzugeben. Und tatsächlich gibt es Prog Fans, die mir sagten, sie scheiterten an der Band, weil sie nicht hinter die Informationsfülle von "Be" steigen. Das ganze sei ihnen zu kompliziert und schwer. Schade, dass sie nicht die Herausforderung gesucht haben. "Be" fasziniert ungemein, das lässt sich anhand der Performance, Bildsprache, Musik, Choreographie und Texte nachvollziehen. Aber auch, wenn man die Lyrics völlig vernachlässigt und sich in diesen lebhaften Tümpel Musik stürzt, ist die Erfüllung groß. "Be" ist fabelhaft und stilistisch weit gefächert. Gospel, Mittelalter-Folk, Rock, Prog, Metal, symphonischer Bombast, liedhafte Lässigkeit und viel mehr gibt es hier zu hören. Nichts daran ist zu komplex. Dafür ungemein dynamisch, wenn wie im instrumentalen Teil von "Nihil Morari" der Rhythmus stetigen Forcierungen und Verschleppungen ausgesetzt ist und Band und Orchester heftigen (und schön harten) Bombast spielen. Zumeist ist die Musik sehr melodisch, melancholisch und leise. Die heftigen Ausbrüche bestätigen das nur.
Erstaunlich, dass Daniel Gildenlöw sich so locker durch die Show arbeitet, die übrigens nicht im Studio überarbeitet wurde, die DVD enthält "Be" wie live gespielt. Er hatte viel zu tun. Idee, Musik und Texte waren längst fertig, als es an die Choreographie der Show ging, an den Bühnenaufbau, die Kostüme und das Make-up der Musiker, an Licht, Aufnahme und daran, dass alles gut läuft und alle engagiert mitarbeiten. Die Show ist gelungen, jeder einzelne Musiker gibt hör- und sichtbar alles. Und obschon das Werk düster wirkt und teilweise als Gothic-Oper durchgehen könnte, sind doch eine gewisse Komik und ein saftiger Humor auszumachen. Die hatten Spaß an dem, was sie taten. Doch das war längst nicht alles, dann ging es an Aufnahme, Schnitt und Einfügung des Bild- und Tonmaterials in den Film…
DVD ist DAS Schlagwort in der Musikszene, alle Künstler wollen sich ein Denkmal setzen, doch bisweilen hapert es kräftig am Inhalt, den Ideen, und an der Umsetzung. "Be Live" hat alle notwendigen Qualitäten. Nur eines wundert mich: das Selbstverständnis der Band. Daniel Gildenlöw ist der Star des Ganzen, alle weiteren Musiker, selbst sein Bruder, videotechnisch reine Statisten. Gut, es ist sein Werk. Aber wie kommen die anderen 4 Jungs damit zurecht?
Die DVD Extras sind auch auf "Be" fokussiert. Empfehlenswert hier vor allem die Foto Show und der Religious Fanatics Track, die man beide unbedingt bis zum Ende sehen muss. Auch nett ist "Nihilum Fuckups", ein kurzer Konzertausschnitt, der sonst nirgendwo passt!
Kurz gesagt ein tolles Teil, das man gut genießen kann. Keine Moralpredigt, aber ein Aufruf an die Intelligenz: Change The World!

painofsalvation.com
VM



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