Pain Of Salvation "Be" (Inside Out 2004)

Vergesst alles, was ihr über Pain Of Salvation wisst. "Be", das 6. Album, präsentiert eine Band, die sich wie durch Metamorphose von der Raupe zum Schmetterling gewandelt hat. Pain Of Salvation waren schon immer interessant, doch was sie jetzt mit "Be" abliefern, übertrifft ihre bisherigen Arbeiten bei weitem und lässt Progmetal zum großen Teil weit hinter sich.
Leadsänger und Gitarrist Daniel Gildenlöw war, wie wohl bekannt ist, bei Transatlantic involviert, hat sich bei den Flower Kings eingeschrieben und tummelt seine Künste auf einer Fülle neuer Alben. Da hat sich szeneübergreifend herumgesprochen, dass ein begnadeter Musiker und Arrangeur als Produktionsveredler vorhanden ist!
Doch sein eigenes Projekt Pain Of Salvation hat er dabei nicht vernachlässigt. Zwar erschien nach "Remedy Lane" im Jahr 2002 erst im Frühjahr 2004 der Nachfolger "12:5", ein akustisches Live-Set, dass nichts mit den alten und weniger noch mit den neuen Pain Of Salvation zu tun hat, aber immerhin ein Lebenszeichen der Band war. Jetzt, ein halbes Jahr später, bringt die Band "Be" unters Volk. "Be" ist nicht nur grandiose Musik und ein umfangreich-eklektisches Unterfangen, das stilistisch keine Scheuklappen kennt und von oben bis unten, von vorn bis hinten äußerst inspiriert ist. Es hat zudem eine komplexe und äußerst komplizierte lyrische Dimension. Die Texte sind philosophisch, tiefsinnig und gründen sich auf ein (im Booklet angegebenes) umfangreiches Literaturstudium. Sein oder nicht sein, das ist hier die Frage. Und die ist nachvollziehbar, facetten- sowie umfangreich und detailliert angegangen worden. Allein die Story lohnt die CD, Rockfans und vor allem Progheads werden mit der Musik zudem sehr zufrieden sein.
Kristoffer Gildenlöw (b, voc), Johan Hallgren (g, voc), Fredrik Hermansson (p), Johan Langell (dr, voc) und Multiinstrumentalist Daniel Gildenlöw sehen zwar eher wie eine Kumpel-Funk-Metal-Kapelle aus, machen ihrem Namen aber alle Ehre, hier wird feines und sehr komplexes Material geboten. Die Musik hat keinen besonderen Vergleich zu anderen Bands, weder zu den Flower Kings noch zu anderen Projekten, denen Daniel zur Realisierung verhalf. Sie ist eigen und wunderbar. Da gibt es lyrische Symphonik-Passagen, die bisher in der Form bei Pain Of Salvation undenkbar waren (Lilium Cruentus). Ultrakomplexe Rhythmen, die aus "Deus Nova" die pure Eleganz machen. Knüppelhartes Progmetal, dynamisch als emotionale Ekstase auf die bewegten und bewegenden Songs gesetzt. Apropos Songs: dieses Format schwindet auf "Be" zugunsten des großen Werkes. Die Tracks funktionieren sicher im Einzelnen, aber um wie vieles mehr im Ganzen. Die emotionale Komponente der Musik entspricht den Lyrics, da gibt es fast schon ambiente Töne, über denen Anrufer mal komische, mal ernsthafte Fragen an Gott stellen (!). Das 9-köpfige Klassikensemble "Orchestra Of Eternity" ist ein unverzichtbarer Bestandteil der Musik und hat großen Einfluss auf weite Teile von "Be". Das Gesamtwerk ist geschlossen und vollkommen, hat große Ausstrahlung, rockt heftig und zieht mit tiefer Melancholie in verträumte Nachdenklichkeit. Zu viel will ich nicht verraten. Legt euch die Scheibe zu und hört euch die Musik an, nur legt das Booklet dabei nicht aus den Händen. Unbedingte Empfehlung für dieses vollkommen sympathische Werk!

painofsalvation.com
VM



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