Pago Libre "Stepping Out" (Leo Records 2005)

Pago Libre ist ein außergewöhnliches, stilübergreifend musizierendes Ensemble aus der Schweiz. "Stepping Out" ist die 6. und jüngste Produktion des Quartetts. Eine frühere CD der Band hatte ich auf Tape gehört und war sofort in den Bann gezogen. Nur der Name Pago Libre war der Kassettenhülle zu entnehmen. Ebay brachte einigen Erfolg, dort gibt es sehr wenige Angebote, die dafür teuer sind. Anscheinend trennt sich niemand gern von den einmal erworbenen Produktionen der Band. Und so hört sich "stepping out" auch an. John Wolf Brennan, Pianist und Komponist des illustren Zirkels, sandte mir die neue CD zu und seitdem sind die CD-Player im näheren Umkreis ganz begierig auf die verwirrend schönen und keineswegs leichten oder anbiedernd harmonischen Töne der 11 Stücke aus.
Der gebürtige Russe Arkady Shilkloper spielt Horn, Flügelhorn und Alphorn, der Österreicher Tscho Theissing bedient Violine und "singt", der irländische Schweizer John Wolf Brennan spielt Piano und Melodica, Georg Breinschmid, auch aus Österreich, obliegt der Bass, zudem der zweite "Gesangspart". Alle vier Musiker haben einen sehr gut ausgebildeten Background, arbeiteten mit vielen bekannten und erfolgreichen (und ebenso ausgezeichneten und unbekannten) Musikern auf Bühnen und in Studios zusammen, komponierten für "Stepping Out" und sind an ihren Instrumenten wahre Virtuosen. Die vielfältige Musik auf "stepping out" hat Jazz, Folk und Klassik im Blut, spielt zeitgenössisch Komponiertes und frei Improvisiertes; die Songs rumoren und vibrieren, mal klingt es, als sei ein Bienenschwarm dabei, einen abstrakten Tanz aufzuführen, dann entspannt sich landschaftliche Melancholie, wunderbare tonale Sensibilität eröffnet sich, sprühender und angenehm "schräger" Humor pfeift aus den Boxen.
Pago Libre ist auf Harmonie aus, auf Harmonie mit Biss und Witz, in der Disharmonien, Rhythmuseinbrüche und spurtende Steigerungen die unglaubliche Dynamik der Musik fabelhaft ausmalen. Die Musik ist von einer forschen Frische, die sofort ansteckt. Der Höhepunkt der CD ist das 9. Stück "Rasende Gnome". Ein Schlager eigentlich, der hier seine avantgardistische Variation erfährt und vollkommen hinreißt, da bin ich nur noch "ganz Ohr"!. Himmlisch schräg das Stück, und zart wie ein Eis brechendes Frühlingsgewässer, voll Kraft und Klarheit, und einer Eigenwilligkeit, die nur ganz großer wundervoller Humor ist. Ein Virus! Ungeübte Ohren können sich erst an den "Fehlern" stoßen, bis sich die Burschikosität der überschwänglichen Note in den Sinnen festsetzt und nicht mehr loslässt.
Ganz große Klasse, wie die vier Musiker dieses Stück, und nicht nur dieses, zusammen zu dieser Grandiosität bringen.
Nicht nur an diesem Stück ist sofort zu hören, dass Pago Libre für eine Region wie Stralsund leider unbezahlbar ist. In den Zentren Europas, in Russland, Kanada und China trat und tritt das Ensemble auf, ich kann nur empfehlen, dafür alle Wege in Kauf zu nehmen. Die CDs der Band könnt ihr blind kaufen, und wenn sie euch nicht gefallen, nehme ich sie euch ab.

pagolibre.com
VM



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