Paatos "Timeloss" (Inside Out 2004)

Das Debüt des schwedischen Quintetts Paatos war bislang nur in Schweden beziehungsweise zu Konzerten der Truppe erhältlich, so dass Inside Out, seit "Kallocain" (2004) die Labelheimat der Melancholic Post Rocker und immer vorbildlich darin, ihren Musikern/Bands den Backkatalog aufzubereiten, das Debüt (anlässlich der Europatournee mit den Holländern The Gathering) wieder auflegt.
Die 5 Songs sind zusammen knappe 40 Minuten lang, darum ist als Bonustrack ein anschaulicher, toller Videoclip hinzugekommen, dessen Bilderfolge sich rhythmisch fließend ändert; nette Sache, die das Reissue einmal mehr reizvoll macht.
Ich dachte immer, das Petronella (voc, ce) und Ricard Huxflux (dr) Nettermalm nur von einem ausgeflippten Hippie-Elternpaar erdacht sein könnte und hielt die beiden für Geschwister Doch allem Anschein nach sind die beiden ein Paar. Wie haben sie sich nur vorgestellt: "Hi, ich bin Huxflux"". "Ja, und ich heiße Petronella". Wie mögen sie sich in die Augen gesehen haben? Misstrauisch? Belustigt?
Egal. Gemeinsam mit Stefan Dimle (b, Ex-Landberk), Johan Wallén (key) und Peter Nylander (g) gründeten sie Paatos lange vor "Timeloss". Die erste Begegnung der späteren Band fand im Februar 1993 statt, als Landberk und Ägg zusammen in einem Rockclub auftraten. Die Bands waren sich sympathisch und blieben in Kontakt. Als die eigenen Projekte zerfielen, wurde Paatos geboren.
Paatos sind ungemein begabte Melancholiker, ihre Songs schwelgen und dösen durch den berauschten Äther, schweifen lyrisch aus und entwickeln eine angenehm kühle Düsternis. Darüber fließt Petronellas Stimme mit zartem Hauch. Ähnlich der von Björk, gar in der Intonation hier und dort, sowie der von Beth Gibbons (Portishead).
Auf "Timeloss" ist von Landberk noch einiges zu spüren. Die zerfahrenen Gitarrenlinien, die düstere Dramatik der Songstrukturen, vor allem in den explodierenden, bombastischen Passagen. Zum großen Teil jedoch sind Paatos erstaunlich leise. Lassen die Klaviertasten wie Perlen glitzernd durch die dunklen Strukturen laufen. Petronella schwebt darüber, doch sie kann auch ausbrechen und kantige, harte Töne anschlagen.
Drum'n'Bass Anklänge weiß Ricard Huxflux sehr differenziert zu spielen. Hier leicht untergehoben, dort vital und dynamisch. Sehr viel 1970er Prog klingt aus den Songs, skandinavische Folklore, aber auch leicht unterkühlter Pop, alles mit der grandiosen Kühle eisiger Winterlandschaft, die überraschend heiß aufbrechen und explodieren kann, vor allem im abschließenden "Quits", das während einer entspannten Phase plötzlich umkippt und wie King Crimson in ihrer 1972er Avantgarde Zeit klingt. So hört das Album auch auf. Und der Raum steht voller Töne. Grandios!
Ihr könnt die Heiratsanträge an Petronella wieder zerreißen, kauft euch das Album und versinkt in ihrer Stimme. Das ist zeitlose Liebe!

paatos.com
VM



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