Oxygene 8 "Poetica" (Eigenproduktion)

Linda Cushma und Frank D´Angelo sind Oxygene 8. "Poetica" haben sie mit Tim Alexander (Ex-Primus, Attention Deficit) eingespielt. "Poetica" besteht aus drei Blöcken. Teil 1 sind die ersten 4 Songs. Komplexer Progressive Rock, der vor allem von Frank´s Gitarre, Linda´s Gesang und Tim´s Schlagzeug lebt. Die vier vitalen Songs sind eine große Ohrenfreude. Linda spielt einen midi Chapman Stick, was dem Klang einen warmen, klaren Ton gibt. Sinfonische Keyboardberge gleiten im Off vorüber, während die elegische, aber laute und heftig aufgedrehte Gitarre fabelhafte Melodiepunkte setzt und solistisch darüber improvisiert. Der Rhythmus wechselt zwischen fettem Groove und komplex-verschachtelten Figuren. Linda läßt ihre Stimme mal weich darüber wehen, gibt gesprochene Kommentare oder schnarrt kratzig durch das Stück. Song 5 bis 8 sind Larry gewidmet, Linda´s verstorbenem Bruder. Elegische Schwermut wälzt sich aus den Boxen, melancholische Melodiefetzen oder verfremdete Sounds und Loops transportierend. Die verhaltenen Melodiemuster beeindrucken mit ihrer Intensität, intimen Nähe und schlichten Ursprünglichkeit. Die Verarbeitung der Trauer hat eine konstruktive Dimension gefunden, tonale Räume zu füllen, die ansonsten gesichtslos blieben. Die Stille findet in der sinfonischen Ballade "Larry´s Lullaby" ihren Höhepunkt. Die liedhafte Süße wäre fast ins schlagerhafte geraten, wäre da nicht dieser knapp notierte Rhythmus und die verflogenen Melodiefetzen. Im dritten Teil bekommt die Gitarre wieder viel Raum zum Improvisieren. Auf dem komplexen Rhythmusgeflecht Stick/Drums von "Mocha Butterfly" gerät Frank in seiner solistischen Wut in Jazznähe, was er fabelhaft schildert. Die 3 weiteren Songs sind etwas einfacher aufgebaut, vor allem im Gesangsbereich, der schon mal etwas simpel klingt. Doch die Gitarre ist auch hier unentwegt und heftig unterwegs, schier endlose und grandiose Energie versprühend. Das letzte Stück könnte auch zu einem Fragile Femal Pop Album gehören, aber das ist nicht weiter von Belang. "Poetica" ist ein fabelhaftes Album voll kraftvoller Energie und einem langen, schwermütigen Mittelteil. Tolle Rockmusik, die immer wieder sinfonische und harte Attacken aus der progressiven Schublade fährt. Schönes, gut komponiertes und gespieltes Album.

netherworldmusic.com
VM



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