Chris Opperman "Concepts of non-linear time" "Beyond the foggy highway" (Purple Cow Records 2004/05)

Leise ist er geworden. Sehr leise. 1998 noch jagte Oppy selbstbewusst durch die begeisterte Fanlandschaft. Auf seinem stürmischen Debüt "Purple Crayon, Oppy Music Vol. 1" war der von Frank Zappa stark beeinflusste Progressive Jazzrock von Anfang bis Ende frisch, heftig, ultrakomplex und schön vital.
Drei Jahre später veröffentlichte Chris Opperman das intime "Klavierstücke". Von Oppy sowie Mike Keneally produziert, der auf dem ersten Album ein grandioses Gitarrensolo hinterlassen sowie einige Vocals eingesungen hatte. Die 18 leisen Tracks sind wunderschön, aus einer anderen Welt, der inneren Welt Oppermans.
Drei weitere Jahre später, 2004, kam Album Nummer 3 in die Läden. Immer noch ist die sensible Stille bestimmend, heben sich wenige leichte Notizen daraus hervor, wenn etwa Keyboard oder Vibraphon erregte oder emotionale Soli setzen. Einige wenige Gäste in einzelnen Tracks sind involviert in die Einspielung der leisen Stücke. Mike Keneally etwa, oder Marc Ziegenhagen, Ben Adams, Robert Thompson und Rachel Arellano, letztere mit glasklarer Stimme, die laut, erschreckend laut fast, über den empfindlichen und zutiefst stillen Opener wirbelt. Traumhaft! Auch das dritte Album, "Concepts of non-linear time", ist ein solistisches Werk. Oppy am Piano, verträumt, rührt nicht im Kitsch herum, sondern schafft fast klassische Strukturen, was besonders im Duett mit der von Robert Thompson gespielten Violine im langen "Where is green snails?" faszinierend und erregend klingt. Ein fabelhaftes Album, das nicht oder wenig nur ins esoterische läuft, und mit dem Debüt nichts gemein hat.
Ähnlich ist das mit dem brandneuen "Beyond the foggy Highway". Die 17 Tracks sind live eingespielt worden. Jedoch sind die Tracks in keiner Chronologie aufgelistet, es gibt diverse verschiedene Besetzungen, auch zeitlich geht alles durcheinander. Aufgenommen 2002 bis 2004 ist die CD vielseitig. Doch auch hier zeigt sich ein weiteres Mal, dass Oppy, selbst in den elektrischen Songs mit Band, auch auf seinem 4. Werk wenig Rockmusik spielt.
Die meisten der im Gros instrumentalen Songs sind inspiriert, leidenschaftlich, bewegt, leise und melancholisch. "Beware of the random factor" vom ersten Album ist dabei, entschärft, verinnerlicht, harmonisch. Jedoch gibt es auch einige bissige Stücke. So im zweiten Track "Sad Teenager Wars", wo das elektrische Cello zu einem anstrengenden Dauerton ansetzt, der die elegische Note des Stückes ebenso zerstört wie das stark überhallte und laute elektrische Piano, das Oppy spielt. Das riecht nach Avantgarde, irritiert aber in seiner vordergründigen Lautstärke inmitten der Stille des Albums. Überhaupt ist die CD sehr leise, erstaunlich für Livemitschnitte. "Verinnerlicht" trifft es wohl am ehesten. Die seltsamen und wunderlichen Songs fließen dahin, einige Ecken und Kanten setzen sich im Ohr fest, vieles geht auch bei mehrmaligem Hören verloren.
Einige wenige Ausreißer zum süßlichen New Age Sound sind geradeso zu verkraften. Dann perlt das Piano zu sehr und die sinfonischen Keyboardstrukturen säuseln im Hintergrund, das muss nicht sein.
Die Musik auf der CD passt zu Kerzenschein, Rotwein, gedämpftem Licht und Austausch von Körperflüssigkeiten, die heftigeren Parts treiben romantische Erregung an. Vielleicht ist "Beyond the foggy highway", der Name sagt es schon, auch gut für die Autobahn, die Lust am Rasen vergeht (möglicherweise) und es wird ganz egal, ob noch 900 Kilometer zu absolvieren sind, wenn der Player nicht versagt.
Chris Opperman ist ein leidenschaftlicher und studierter Musiker, der nach seinem fulminanten Start mit dem starken Rockalbum "Purple Crayon, Oppy Music Vol. 1" nun zarten Stimmungen Ausdruck verleiht. Das macht er anschaulich und faszinierend. Dennoch bleibt die Hoffnung, dass die Besetzung: Keyboards, elektrische Gitarren, Bass, Vibraphone, elektrische Geige und Schlagzeug erneut zu irrwitzigen Rockwildheiten aufbrechen wird!!

oppymusic.com
VM




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