Ragazzi - website für erregende Musik



 
 
 
  
  
  
  
  
  
  
  
  
 

 


 


 


 


 


 


 


 


 

Opeth „Pale Communion“ (Roadrunner Records 2014)


Die Frage, was denn nun am Retro Prog im Wortsinne progressiv ist, ist sicherlich eine rhetorische, doch packen Opeth auf „Pale Communion“ in 55 Minuten nahezu den gesamten Kosmos der (Rock-)Musik, was an sich schon ein starkes Stück ist; darüber hinaus schälen die Schweden Klangkaskaden in der Art von Auguste Rodin aus dem Äther, dass es eine wahre Freude ist, sich von diesen geronnenen Schwingungen erheben zu lassen. Bandboss Mikael Akerfeldt (Gesang und Gitarre), Fredrik Akesson (Gitarre), Joakim Svalberg (Keyboards), Martin Mendez (Bass) und Martin Axenrot (Schlagzeug) ist ein ganz großer Wurf mit diesem Album gelungen; ein Album, wie es viele große Bands während ihrer gesamten Karriere nicht zustande bringen. Mikael ackert derart gefühlvoll und nach allen Regeln der Gunst an Gesang und Gitarre, dass es an nichts fehlt, ohne dass seine Bemühungen allerdings jemals künstlich wirken; die Gesangslinien sind großenteils von einer tiefen, aber zu keinem Zeitpunkt triefenden Melancholie erfüllt. Er empfindet vermutlich genau das, was er singt. In einer solch immensen Ausprägung scheint dies nur wenigen anderen Sängern wie Buddy Lackey vergönnt zu sein. Die Rhythmusgruppe ist ohne wenn und aber als begnadet zu bezeichnen; Martin A(bracadabra) besitzt nicht nur einen, sondern gleich zwei Zauberstäbe, die er unab(und vor allem)lässig metrisch modulierend schwingt, ohne die geringste Verwirrung dadurch zu erzeugen. Das ist ganz große Klasse. Martin M(agic) entringt seinem Bass mittels Zerren und Schlagen, aber auch Streiche(l)n und Kitzeln die verschiedensten Töne und sein Walking Bass ist ein echter Selbstläufer. Joakim sitzt als Schlüsselmeister auf dem Mellow-Thron und bearbeitet sämtliche ihm zur Verfügung stehenden Klaviaturen mit goldenen Händen, sowohl was die Soundauswahl betrifft als auch hinsichtlich seiner Spieltechnik. Fredrik schließlich ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit unter den Saitenzirpern ein Ausnahmeexemplar, denn er spielt absolut songdienlich und selbst seine gehaltvollen Soli rücken immer die Komposition als solche in den Fokus. Weiterhin ist anzumerken, dass Opeth mit diesem Album ihre Metal-Vergangenheit erst mal vollständig auf Eis gelegt haben, was sich zwar bereits auf "Heritage" abzeichnete, was aber nicht so bleiben muss, denn diese Band liebt die Abwechslung und weiß ihr Erbe durchaus umsichtig zu verwalten. Von musikalischer Warte betrachtet ist dieses Album zwischen Syzygys „A Glorious Disturbance“ und Steven Wilsons „The Raven That Refused To Sing“ angesiedelt. Aber Opeth gehen kompositorisch noch mindestens einen Schritt weiter: Man stelle sich vor, Led Zeppelin hätten sich damals nicht nur in Kashmir, sondern auch in Marrakesch herumgetrieben, um quasi vor Ort ethnische Musik zu studieren. Dieses Album ist schlichtweg ein MEISTERWERK und für mich die CD des Jahres. „The Nevar That Didn't Refuse To Sing“...

opeth.com/home
Frank Bender



Zurück