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Not A Good Sign "From A Distance" (AltrOck 2015)

Francesco Zago hat, so war kurz nach Veröffentlichung dieses Albums zu lesen, Not A Good Sign verlassen. Persönliche Zwiste oder bandinterne Auseinandersetzungen waren nicht Ursache dafür gewesen. Vielmehr ist Francesco Zago vermutlich einer gewissen kreativen Ermüdung erlegen, die in Bottas Fokussierung auf den ausgefallenen, radikalen Progressive Rock begründet liegt.
Not A Good Sign, Paolo 'Ske' Bottas Baby, gehört seit dem 2013er "Not GOOD Sign" zu den eindrucksvollen Bands im AltrOck Katalog, deren musikalische Mischung aus klassischem, komplexen Progressive Rock und Avant Prog tendenziell noch die melodische Seite der abstrakten Musik bedient, vor allem in lyrischen Stücken und den Vokalarrangements. In den (leider) wenig lang ausgebauten Instrumentalparts sind indes Ansätze zu wüstem, radikalen Progressive Rock zu erkennen. Auf "From A Distance" sind zudem leichte Tendenzen zum minimalistischen, modern alternativen Prog auszumachen, so dass radikale und schlichte(re) Strukturen gegeneinander wirken. Die radikalen, avantgardistischen, harschen Strecken sind die Gewinner dabei, aber das schleichende Gift des aktuell angesagten Alternative Minimalismus hat seine Fäden gezogen und ist, wenn auch nicht prägend, zu hören.
Zudem wirken die meisten Songs etwas angestrengt, zu laut, und wenn leise, dann weniger raffiniert und überzeugend als auf dem Debüt. Eindeutig ist zu erkennen, dass Not A Good Sign Zugzwang verspürten und sich mit Arbeitseifer auf neue Kompositionen stürzten. Und es sind etliche hinreißende Passagen dabei entstanden, inspirierte Motive und instrumentale Finesse, laszive Gesangslinien und kunstvolle Arrangements. Aber auch Längen, ‚kalte' und überzüchtete, hochgeschaukelte Songs, die in ihrer Progressive Rock - Architektur erst einmal großen Eindruck machen, aber den Hörer nicht heranlassen, nicht warm werden. In aller quasi perfekten Prog-Ästhetik geht es hier ein wenig langweilig zu, was ein fatal unglückliches Gefühl verursacht.
Dabei ist hier alles vorhanden, was den Avant Prog Fan glücklich macht. Paolo ‚Ske' Botta ist ein ausgesprochen kreativer Keyboarder, Alessio Calandriello verfügt über ein stimmstarkes, eindrucksvoll klingendes Organ, Alessandro Cassani ist ein hingebungsvoller, virtuoser Bassist, Martino Malacrida als Schlagzeuger großartig. Und Francesco Zago, keine Frage, ein mit allen Wassern gewaschener Gitarrist - der allerdings kein besonderes Interesse an Gitarrensoli hat.
Als Gäste kamen Jacobo Costa in 5 der 10 Songs mit seinem Vibraphon und Glockenspiel zum Einsatz. Guter Gedanke, der leider zu wenig ausgebaut ist und somit etwas untergeht. Eleonora Grampa spielt Oboe und English Horn in drei Stücken, was ebenso faszinierend ist wie der Einsatz Maurizio Fasolis, dessen Grand Piano präsenter, ausführlicher sein könnte. Gian Marco Trevisan gibt ein gefühlvolles, hochmelodisches Gitarrensolo zum Besten - mehr davon bitte! Und Margherita Botta trägt im instrumentalen "aru hi no yoru deshita" mit ihrem Herzschlag dazu bei, genau, Herzschlag, das der Song ins Bewusstsein kommt und da bleibt.
"From A Distance" Mankos nachzusagen ist Klagen auf hohem Niveau. Hier ist viel sehr gutes, inspiriertes Musikgut zu entdecken. Doch die qualvoll uneindrücklichen, stumpfen Arrangements daneben sowie das weitgehende Fehlen extraordinärer, ausgedehnter Instrumentalkomposition, die nicht allein dem Gesang als Schmuck dienen, wiegen schwer. So gut das Album, so raffiniert, so sehr ist seine partielle kompositorische Leere fatal präsent.

notagoodsign.org
altrock.it
VM



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