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No More Pain "The Post Human Condition" (NMP Management Group/Just For Kicks Music 2014)


Aus dem Jungbrunnen erfrischte, altbritische Genesis ("Nascency") steigen im amerikanischen Melodic Rock-Land in den liedhaften Hardrock-Himmel, progressive Rockmusik aus buntem Füllhorn zu gießen. Der Chor singt ergreifend, die Gitarren jubilieren im pausenlosen Viertelnotengemetzel, die Rhythmusmaschine bebt hier hübsch, knackig dort und illustriert das melodische Geschehen, Keyboardberge machen die Songs voll, bunt und schmuck.
Und wie der bebend tobende Sturm, der laut und kraftvoll daherkommt, sind leise Passagen ebenso Teil der Songs und des Albums, die der Band eine sensible Seite mit emotionalem Tiefgang attestieren.
Doch überwiegend rockt und rollt der mit Southern-Rock-Piano unterhobene, poppig eingängige und rhythmisch hübsche Rock mit instrumentaler Finesse und jungfräulichem Mannesmut deftig und flott groovend in seine ausgedehnten Minuten.
Die Platte ist - bis hierhin, Song Nummer 6, "God In The Glass" - OK. Innig und lebhaft gespielt, im Sound räumlich gut aufgenommen. No More Pain sind eine Band, die viel Material ansammelte (77:52 Minuten Abspielzeit), dass hier und da große Reife und versiertes Handwerk erkennen lässt, auf der anderen Seite etliche Allgemeinplätze und unfokussiertes Breitband-Angebot mit sich bringt. Da kann es von keneallyeskem und angenehm verrückt schrägem Sound über symphonischen Bombast, Fernsehpausenhintergrundmusik und Schrammelprog bis zu Freitagabendkneipenhardrock gehen - in einem Song. Partiell ist das durchaus lustig und überraschend, teilweise indes durchaus auch fad.
Live ist die Band, die sich als spielfreudig und technisch versiert erweist, gewiss eine Bank, das Album ist dies nur teilweise. So kommen etwa in "God In The Glass", einem schwelgerischen Rocksong in bedächtigem, deftigen Schwung plötzliche Instrumentalkomplexe auf, nur kurz, um gleich wieder dem überwiegenden Songwriter-Hardrock Platz zu machen, der hochemotional schwelgt, den Sänger zum mitreißenden Schreien und die Gitarre zum schneidenden Solo-Einsatz bringt. Im Off perlt das Piano wie bei Lynyrd Skynyrd. Gute Rockmusik. Nicht extravagant oder ‚progressiv'.
Nichts daran ist verkehrt, der Song gut anzuhören. Wer indes bereits weit in die Möglichkeiten der abgefahrenen Rockmusik eingedrungen ist, wird sich an so netten Sachen nur noch am bierseligen Lagerfeuer erfreuen, wenn es dort des illustren Rockkrachs bedarf. Trotzdem macht die CD durchaus Spaß. Da sind immer wieder Links zu Ideen/Bands zu hören, die in der Rock/Prog-Historie angesammelt wurden. Hier Genesis-Parts, dort genanntes Lynyrd Skynyrd-Piano, und vor allem sehr viel von Echolyn.
Partiell scheint es, als wären No More Pain im gleichen Geiste unterwegs wie Echolyn, schon verblüffend. Vor allem in harten, druckvollen Songs.
"Bleed" (10:25) ist so ein Song. In der lebhaften und ordentlich radikalen instrumentalen Wildnis ist nicht nur Echolyn an sich als Vorbild zu erkennen, sondern der progressive Overkill von sehr anschaulicher Exegese. Das ist grandioses Prog-Hardrock-Gemetzel mit Party-Flair (weil in aller technischen Rasanz sehr spaßig und überkandidelt flott). Nirgends sonst sind No More Pain verrückter, technischer oder rockprogressiver unterwegs als hier.
Der Song verdient den Nachwuchsorden in Gold! "Bleed" allein ist die CD voll und ganz wert. Und weil die Band gerade so ungemein heiß gespielt ist, legt sie mit "Binary Annihilation Glitch" (4:47) einen weiteren exzellenten Song im hektischen Prog-Geist nach. Verstehe, alles davor war nur Übung, Intro. Ab hier geht es zur Sache.
Das sich anschließende "Mountains Of The Sky" (10:12), eine tiefgehende Power-Ballade mit drahtig rockendem Part, bleibt im überzeugenden Level, hat Kern und Gehäuse. Wenn der Track im Laufe seiner Minuten auch etwas versandet und von seiner anfänglichen Überzeugungskraft einbüßt, um als poppige Hardrockballade zu verebben, so ist der Beginn - nicht zuletzt nach den beiden erstklassigen progressiven Brocken und in deren Geist - doch nur mitreißend stark.
"Cosmic Trigger" danach ist ein netter Radiopoprocksong, der mit vier Minuten vielleicht etwas zu lang geraten, aber ohne weitere Anstrengung zu überstehen ist. Und zuletzt legen No More Pain noch einmal richtig los. 17:27 Minuten lang geht das sechsteilige "The Network" (Texte sind im Digipack leider nicht abgedruckt) in keneallyesker Modern Prog-Idee und liedhaft progkomplexen Arrangements in ein dichtes Geflecht, wie es so nur aus den USA kommt. Schon verblüffend, mit welch leichter Hand der Wechsel aus ausgefallen technisch instrumentalen Parts zu leichten, eingängigen Vokalparts gefunden wird, die pop-affin schunkeln und nichts Extravagantes und Ausgefallenes an sich haben. Um alsbald wieder ins Wilde zu schießen und den Wertekatalog erneut umzudrehen.

nomorepainmusic.com
justforkicks.de
VM



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