Mostly Autumn - Passengers (Classic Rock Legends 2003)

Mostly Autumn sind mittlerweile schon eine quasi etablierte Band, wenn auch noch weitgehend unbekannt. In ihrer Heimat England konnte die Band mit ihrem ureigenen Stil zwischen melodischem progressive Rock, Folk und Pink Floyd schon den einen oder anderen Preis einheimsen. Mit "Passengers" legt die Band ihr viertes offizielles Album vor, welches die Gruppe an einer Art Wegscheide zwischen dem Verfolgen des bisherigen Stils und einiger neuer, möglicherweise kommerziellerer Ingredenzien zeigt.

Mostly Autumn, das sind in 2003, Bryan Josh (vocals, guitar), Heather Findlay (vocals, bodhran, tambourines), Iain Jennings (keyboard, backing vocals), Angela Goldthorpe (flute, recorder (=Blockflöte), backing vocals), Liam Davison (guitar), Andy Smith (bass) und Jonathan Blackmore (drums). Fast alle Mitglieder sind seit der Bandgründung dabei, was eine gewisse einzigartige Chemie schafft, die man auch hören kann. Unterstützt werden sie auf diesem Album von allerlei Gastmusikern, die allerlei Streichinstrumente bedienen. Die bekanntesten unter ihnen dürften Troy Donockley (von "Iona") und Damian Wilson als Gast-Vokalist sein.

Das Album beginnt mit einem fast schon Mostly Autumn-typischen Gimmick, in dem vor dem eigentlichen Beginn von "Something In Between" einige Sekunden das ausklingende "Mother Nature" von "The Last Bright Light" (dem Vorgänger-Album) erklingt. Ein "Link" zwischen den Studioalben wurde schon zwischen den ersten beiden Alben benutzt.

Dann legt schon das besagte "Something In Beetween" mit einem perlenden Piano-Lauf ungewohnt rockig los. Der Fan mag hier schlimmes befürchten, aber nein: Das ganze Album steht im Zeichen der typischen Mostly Autumn-Trademarks: floydige Gitarren, melodische bis neoproggige Keyboard-Passagen, "Engelsgesang" von Heather Findlay, tolle Choreinlagen, folkige Parts, Streichereinlagen usw... Heather Lindlay scheint auf diesem Album etwas mehr Anteile, auch am Songwriting, zu haben also Bryan Josh, der sonst die Alben insbesondere mit seinem tollen, gilmour-inspirierten Gitarrenspiel mehr dominiert hat.

Balladen wie "Another Life" oder "Bitterness Burnt" lassen einen den Schauer über den Rücken laufen und treiben einem die Tränen in die Augen. Aber dann kommen symphonische Hymnen wie "Caught in A Fold", der Titeltrack "Passengers" oder das ziemlich rockige, aber coole "Answer The Question". Wenn dann schon keine Steigerung mehr möglich scheint, dann ziehen Mostly Autumn in dem knapp 12-minütigen, in drei Teile zerlegten, Folk-Prog-Hammer "Pass The Clock" nochmals alle Register.

Schwächen gibt's aber auch: Es stimmt schon, ein bisschen sind Mostly Autumn vom "Pfad der Tugend" abgekommen. Insgesamt sind auch die starken Titel des Albums etwas schwächer, als die Songs auf den vorangegangen Alben. Es hat also leider keine Weiterentwicklung stattgefunden. Und mit "Something In Between" (zwar schon ein typischer Bombast-Rocker, aber ziemlich nah am AOR-Mainstream) und dem sehr eigenwilligen, vielleicht nicht ganz gelungenem Experiment "Pure White Light" (allerdings klingt man hier etwas nach den alten U2, was an sich auch keine schlechte Referenz ist) sind zwei eher schwache Songs ausgerechnet die Opener. Aber andererseits hat es ja gute Tradition, dass sich Mostly Autumn-Alben von Beginn zum Ende steigern...

Gerade wegen der Vielfalt und der vielleicht etwas "mainstreamigeren" Momente sollte dieses Album viele Freunde im Bereich des progressiv-melodischen Folk-Rocks-Prog ;-) finden. Für Neueinsteiger eine gute Gelegenheit diese tolle Band kennenzulernen.

mostly-autumn.com
mostlyautumn.de

Thomas Kohlruß



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