Mirage "Borderline" (Musea Records, 07/2008)

In den Siebzigern gab es einst eine britische Jazzrocktruppe mit dem Namen Mirage, aus Mike Westbrooks Solid Gold Cadillac hervorgegangen. Nach einem Album und exzellenten Konzerten ging die Band in die Rockmusik-Geschichte ein (es gibt ein CD-Dokument mit langen Live-Bonustracks). Die Musik der Franzosen mit dem gleichen Bandnamen hat mit den alten Jazzrockern nichts zu tun, eher mit ihrem großen Vorbild Camel, nach deren gleichnamigem Meisterwerk sie sich benennen, und was ihnen Inspiration ist.
"Borderline" ist die dritte CD nach "A Secret Place" (2001) und "Tales From The Green Sofa" (2004). Die Jahre seit dem letzten Album haben den Bandsound reifen lassen. Stephan Forner (g, voc), Cyrille Forner (b, back-voc), Joe Mondon (dr, perc, acc-g), Philipe Duplessy (keys, back-voc, kazoo) und Agnes Forner (fl, back-voc) haben die überwiegend sehr langen Songs bereits 2006 eingespielt. Zwischen den Noten gibt es häufige Reminiszenzen an (alte) Camel, obschon Mirage ihren eigenen Stil haben, der dem Vorbild entwachsen ist.
Der Gesang Stephan Forners ist nicht die Stärke der Band, seine Stimme hat keinen großen Klang und quält sich durch die Lyrics. Besonders gelungen hingegen ist seine Gitarrenarbeit, nicht so sehr in den "normalen" Strukturen, wenn die Band den Song (lang) anlaufen lässt, um zu den Lyrics zu kommen. Eher dann, wenn in der komplexen symphonischen Landschaft seine Soli zu hören sind. Ebenso eindrucksvoll die schwebende, harmonisch ausgereifte Keyboardarbeit. Der Rhythmus sticht nicht besonders hervor, ist progtypisch komplex, ohne aber besonders exzellent zu sein. Das markante, sehr schöne Flötenspiel bringt Flair und Klangfülle in die etwas zu lang geratenen Songs.
Neben Camel könnten Pink Floyd ("Animals"-Phase) Pate für die Arrangements gestanden haben. Beide Bands bestimmen aber nicht den Sound ihrer Jünger, sind eher marginal auszumachen. Mirage gestalten ihre aufwendigen, dennoch aber relativ unscheinbaren Songs auf eigene Weise. Die ersten vier Songs, jeweils 10 Minuten lang oder länger, brauchen einige Zeit, ins Ohr zu gehen. Nach einigen Hördurchgängen kommt der kraftvolle Rocksound gut raus, machen sich die dynamischen Wechselspiele zwischen härteren Parts und elegisch-symphonischer Schwermut bewusst.
Das als Konzeptwerk aufgebaute Album hat kluge, kritische Lyrics, die im mit ansprechendem, zum Titelthema "Borderline" passenden Artwork ausgestatteten Booklet nachzulesen sind.

myspace.com/mirage_music
musearecords.com
VM



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