Michel Sajrawy "Writings on the Wall" (Ozella Music, VÖ: 30.01.2009)

"Writing on the wall" zeigt den Stil Michel Sajrawys weiter entwickelt. War "Yathrib" (2006) noch ein Mix aus verschiedenen vorderorientalischen Folklorearten und Electric Jazz, sind diese Einflüsse nun direkter ineinander verflossen und längst nicht mehr so ungemein prägend. Der Jazzanteil hat sich verstärkt, was an Inspiration aus der Folklore einfließt, zeigt sich stark in der von den elektrischen und akustischen Instrumenten gespielten Melodik. Zu Michel Sajrawy, der elektrische Gitarre spielt, sind bis auf Valeri Lipets (contra b) und Ameen Atrash (dr), der etwa die Hälfte der Songs eingetrommelt hat, mit Franck Dhersin (p) und Evgeni Maistrovski (dr) neue Ensemblemitglieder zum Gitarristen gestoßen. Der reiche Klang der diversen Folkinstrumente, der "Yathrib" weitgehend bestimmt hatte, ist vollständig durch den der Jazz- und Rockinstrumente verdrängt worden.
Dennoch ist "Writing on the wall" kein "normales" Jazzalbum geworden. Zwar ist der erste Klangeindruck durch die Instrumente eingängiger und europäischer, das jedoch wird bereits in den ersten Sekunden des ersten Stückes, "Bride of the Galilee", weggenommen. Die für europäische Ohren zumindest ungewöhnliche Melodiesprache nimmt alle Aufmerksamkeit in Anspruch, kaum zu glauben, dass das, was die Gitarre spielt, wirklich das ist, was es sein soll. Der erste Eindruck spricht von fehlerhaftem Spiel. Bis das Motiv aufgeht und fesselt. Ich habe den Eindruck, der Gitarrist spielt den Blues des vorderen Orients, so leidenschaftlich und biegsam sind diese seine Klänge. Makamat heißt dieser Blues, die Weltmusik des arabischen Mittleren Ostens.
Das akustische Ensemble begleitet den elektrischen Gitarristen ausgezeichnet, unterstützt ihn mit emotional ausgeprägter Intensität. Zarte Stille und kraftvoll dynamisches Spiel erhellen hier dunkle melancholische Motive, dort luftig-weiträumige Partien. Die technische Einspielung ist meisterhaft, keinen Moment wirkt "Writings on the Wall" steril oder perfektionistisch, sondern lebendig, virtuos und dynamisch.
Michel Sajrawy, der christliche Palästinenser mit israelischem Pass, der Jazz spielt, ist ein Virtuose durch und durch, wie Al DiMeola, oder John McLaughlin. Bleibt zu hoffen, dass er mit seiner Band durch europäische und deutsche Lande zieht, wie im letzten Jahr, um auch dieses Album live zu präsentieren.
Tipp!

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VM





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