Man "Back Into The Future" "Slow Motion" "Maximum Darkness"
(Liberty Records/United Artists 1973/74/75, Esoteric Recordings, VÖ: 26.05.2008)

Das britische Reissue-Label Esoteric Recordings hat bereits einige Man-Alben digital remastert und um Bonustracks angereichert auf CD wieder veröffentlicht. So sind die Platten "Man" (1970), "Do You Like It Here Now, Are You Settling In?" (1971), "Be Good To Yourself At Least Once A Day" (1972) und "Live At The Padget Rooms, Penarth" (1972) bereits erschienen. Diese exzellente Serie wird nun fortgesetzt.
1968 nach der Auflösung der Bystanders in Swansea entstanden, hat in der walisischen Band neben den festen Mitgliedern wohl jeder walisische Rockmusiker einmal gespielt. Clive John (key, voc), Mickey Jones (lead-g, voc), Roger "Deke" Leonard (g, voc), Terry Williams (dr, voc), Phil Ryan (key, voc) und Will Youatt (b, voc) waren an der Einspielung des halb Studio- halb Livealbums beteiligt. Man spielten keinen typischen britischen Rock, sondern hatten ihre Vorbilder in den kalifornischen Bands Quicksilver Messenger Service und Grateful Dead. Keines ihrer Studioalben hat die Energie und Qualität ihrer Liveauftritte, was besonders gut auf "Back Into The Future" zu hören ist. Die 7 Songs der ersten LP, der Studioplatte, sind zwar kantige, dynamische Rocker mit rasanten Gitarrensoli und hartem, vitalem Beat, die grandiose Qualität der beiden 20-Minüter von der zweiten LP erreichen sie aber längst nicht. Live gingen Man-Songs wie Hefeteig auf. Irre lange Soli, abgefahrene Instrumentalschlachten und unglaubliche Intensität prägten ihre Konzerte. "Back Into The Future" war das erste Album der Band, das in die Charts kam. Vor allem in Deutschland kamen die Waliser gut an. "C'Mon" und "Jam Up Jelly Tight / Oh No, Not Again (Spunk Rock '73" sind diese beiden wahnsinnigen Rockmonster, denen das Album seine Fans verdankte, und die diesen ganz typischen, abgefahrenen Frühsiebziger-Rock-Live-Sound haben, der mehr ist als nur die konzertante Wiedergabe ihrer Songs, eine eigene Dynamik, eigenes Leben hat. Da passiert zwischen den Tönen und den Musikern viel mehr, als auf den ersten Höreindruck wahrzunehmen ist.
Als Bonus sind keine Songs angehängt, die auch nicht mehr auf die CD passen würden. Gleich zwei weitere CDs mit Konzertmitschnitten sind als Bonus dazugekommen. Die Livesongs des originalen Albums wurden im September 1973 aufgezeichnet, Disc 2 und 3 enthalten ein Konzert vom 24. Juni 1973, im Londoner Chalk Farm (in exzellenter Klangqualität) aufgenommen. Die beiden letzten kurzen Tracks auf CD3 sind Studiotracks aus dem gleichen Zeitraum.
Die beiden Longtracks des originalen Albums sind in unterschiedlicher Version noch einmal enthalten, zudem vier Stücke vom Studioalbum in ausgedehnten, wilden Hammerversionen, sowie weitere Songs. Kaum zu glauben, was Man hier spielen. Stilistisch zwischen amerikanischem Westcoast Sound, Progressive Rock, Psychedelic und Jazzrock gibt es in den langen Instrumentalstücken deutliche Parallelen nicht nur zu den oben genannten Bands, sondern auch zur Allman Brothers Band zu deren bester Zeit. Außer dem schrägen Musical-Chor-Song "Sopspan Fach", das auf Grund seiner Vokalstruktur quasi und fast genau wie die Version von CD1 klingt (und auch auf dem Studioalbum eine Livenummer ist), gehen alle Songs in ausgedehnten Instrumentalschlachten auf. Ich kann gar nicht sagen, welche Songs hier die größte Dynamik und Rockpower haben, vielleicht das 16-minütige "Bananas" von der 3. CD oder das 12-minütige "Life on the Road"? Alle Stücke sind rasant und enorm intensiv. Das ist feinste Rockmusik für Freaks, die instrumental abgefahrene, ausgedehnte Dramen mit endlosen Soli lieben, in denen viel "passiert". Die 3 CDs stecken in einer Pappbox zusammen mit einem umfangreichen Booklet, in dem Story, Bilder und technische Details zu finden sind. Ein Muss!
Für "Slow Motion" (1974) war Gründungsmitglied Clive John ebenso wie die Kurzmitglieder Phil Ryan und Will Youatt ausgestiegen, Ken Whaley (b) kam in die Band. Nach dem größten Erfolg der Band, dem 1974er "Rhinos, Winos And Lunatics", das auch schon bereits in dieser Quartettbesetzung eingespielt worden war, folgte die LP mit dem Cartoon-Gesicht von Alfred E. Newman, vom MAD-Magazine.
Die Haare der Musiker in der Band waren etwas kürzer geworden. Die Songs zeigen die Band jedoch von der besten Seite, haben nichts an Intensität und Qualität verloren. 8 neue Songs, zwischen 4 und 6 Minuten lang, füllen die exzellente Studioplatte. Stilistisch hatte sich nichts getan, der Jazzanteil ist in den Studiotracks stark zurückgefahren, der Westcoast Rock mit Prog und Psychedelic Anteilen geht in harten Rocker, beatlesken Songs und verträumten Balladen gut auf.
Man tourten ausgiebig, die LP zu promoten. Als Bonus sind ein Alternative Mix vom Albumsong "Rock and Roll You Out" enthalten, sowie fünf Livetracks. Das dreiminütige "A Hard Way to Live" war als Single-B-Seite zur LP veröffentlicht worden. Vier zwischen drei und dreizehn Minuten lange Songs, die im April 1975 in The Keystone, Berkeley, Kalifornien, USA, mitgeschnitten worden sind, waren zuvor unveröffentlicht. Besonders spannend ist das ausgedehnte "Many Are Called, But Few Get Up" sowie das kurze "Somebody's Calling", das süffisant und flutschig in die Ohren geht und mit seinem stampfenden Southern Rock Rhythmus gut hängen bleibt. Knapp 73 Minuten fährt die CD auf, die Soundqualität der remasterten Aufnahmen ist hervorragend.
Auf 79:44 Minuten Länge ist "Maximum Darkness", das 1975 auf "Slow Motion" folgende Album mit zwei Bonustracks gewachsen. Das Quartett hatte sich am 26. Mai 1975 mit John Cipollina, dem ehemaligen Quicksilver Messenger Service Gitarristen, zusammengetan. Drei Gitarristen, Bassist und Schlagzeuger tobten sich auf der Bühne aus. Kaum zu glauben, was hier abgeht. Das Livealbum kann getrost als Westcoast Progressive Rock bezeichnet werden, der kalifornische Rocksound geht in den von langen, solistischen Improvisationen ausgedehnten Songs grandios auf. Was die drei Gitarristen veranstalten, ist große Kunst. Kein Wunder, dass das Konzert zur Legende wurde. Opener "7171 551" legt die Messlatte hoch an, was an Vocals zu absolvieren ist, ist schnell getan. Alsbald konzentriert sich die zum Quintett gewachsene Band ganz auf die instrumentale Arbeit. Welcher der drei Gitarristen wann welches Solo gespielt hat, ist im Booklet leider nicht angegeben worden. Das Wissen darum bleibt den Spezialisten unter den QMS- und Man-Kennern vorbehalten. Nicht so wichtig jedoch, zu wissen, wann welcher Gitarrist sein Solo spielt. Hier heißt es: Kopf ausschalten, Ohren auf Empfang und genießen - - -
Im umfangreichen Booklet mit Story hat, wie übrigens bei den beiden anderen auch, Deke Leonard dieser Tage ein umfangreiches, launiges Statement abgegeben, was die Innenansicht der Band einmal besser beleuchtet. "Wir sind vielleicht nicht die beste Band der Welt, aber wir paffen sicher den meisten Shit" hatte Micky Jones einst auf der Bühne gemeint. Die beste Band? Nein. Aber eine sehr gute auf alle Fälle. Diese grandiosen Platten, hervorragend remastert und bis zum letzten Bonustrack in sehr guter Soundqualität zu hören, sind nur unbedingt zu empfehlen. Das 24-minütige "C'Mon" auf "Maximum Darkness", ist ein exzellenter Start!

manband-archive.com
dekeleonard.com
esotericrecordings.com
VM



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