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Mahogany Frog "Senna by Mahogany Frog" (Moonjune Records 2012)
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Ein Phänomen! Mahogany Frog schaffen tatsächlich, was tausende Bands versuchen und nicht erreichen: Unvergleichlichkeit. "Senna" steht zwischen allen Stühlen und Stilen. Nichts ist neuerfunden, alles indes neu verklammert, kreativ verbunden und ungewöhnlich lebendig gemacht. So wie das Bild des Covers - oder etwas Frankenstein (nur positiv) - ist die Wirkung der Musik. Wenn "Houndstooth Part 1" wie Pink Floyd 1967 beginnt, sich zuletzt allerdings mit einem frickelig technischen Electro-Rhythmus schmückt und seine düstere Epik sich in die Dramatik des psychedelisch hart rockenden "Part 2" schiebt - alle Ehre, das macht Sinn. Wenn indes dann "Part 2" über seine Rockhärte hinaus eine eher liebliche Sixtieth-Melodei zum Besten gibt, und naive Fröhlichkeit und dunkle Dramatik einander umkämpfen, sieht das in der beeindruckend gelungenen Arbeit des Vierers Graham Epp (g, keys), Jesse Warkentin (g, keys), Scott Elenberger (b, electronics) und Andy "Run" Rudolph "Run" (dr, electronics) nur mitreißend cool und, mit Verlaub, sauscharf aus!
Im Anschluss geht es experimentell weiter. Keine Baustelle wird ein zweites Mal aufgesucht, und wenn Rockmusik nicht neu erfunden wird, wir Erdlinge machen das nicht mehr, so verknüpfen sie doch die Enden miteinander, dass der Reigen gar schick und illuster sich zeigt. "Expo '67" brüht hektischen Psych-Kraut mit symphonischen Keyboards auf, die einzelnen Parts sind sich sonst gern zuwider, hier haben sie in Mahogany Frog ihren Adapter gefunden.
So, ja, ulkig der naive "Senna"-Wahnsinn durch seine abstrusen Gedankensphären wandelt, so viel Spaß macht es, dem manchmal etwas posigen Chaoskrach zuzuhören.
Manchmal indes habe ich das Gefühl, als sei plötzlich Stille im Gehirn gewesen, als die Inspiration für einen weiteren Song dort Platz nehmen sollte. So sind die überwiegenden Minuten des 8:29 langen "Message From Uncle Stan: Grey Shirt" als seltsam zahnloses Gitarrensolo öd und öd und öd, bis sich doch noch polternder Psychedelic Rockrausch einstellt und die Nummer, weil zu spät, nicht mehr rettet. Aber im Anschluss geht es wieder besser weiter. Anarcho-Orgel und verspieltes Pop-Schlagzeug mit Zeuhl-Bass fegen psychedelische Sphärik auf, wirbeln den Song zu ambienter Schräge hoch und lassen ihn an Feuerwehrleiter-Prä-Prog wieder runter. "Saffron Myst" ist der Bastelladen, in dem auch Kraftwerk ihre ersten sehnsuchtsvollen Blicke ließen, nur im Synthie-Rausch der Achtziger auf 69er Arrangement-Basis.
Der letzte Keyboard-Overkill setzt dem Wahnsinn die Krone auf. "Aqua Love is Ice Cream Delivery Service" macht aus Spaß Spaß und sägt Retro zu Pseudo um. Wie die hier alle komische Idee von so etwas wie Rockmusik der gewiss Endsechziger zerhacken und aufmieten und dabei viel anarchischen Krach und Spaß verkleckern, ist allerliebst und schwer beschädigt. Toll!
Um Eigenständigkeit bemüht & kreativ dabei - Anhören!
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VM
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